Volltext: Wofür kämpfen die Engländer? [78]

Basis sich zu einigen. Bevor da nicht das Gewicht der Tat¬ 
sachen spricht, ist nichts zu machen. 
Wenn in den Reden der englischen Staatsmänner, in den 
Artikeln der Zeitungen und in öffentlichen Versammlungen ebenso 
wie in den Reden der Straße immer wieder die Phrase auftaucht, 
England kämpft für die Befreiung der Welt von dem preußischen 
Militarismus, so spricht das deutlicher als alles andere dafür, 
wie sehr der Engländer von einem Dunstschleier von Wahnideen 
umgeben ist. Die Phrase vom preußischen Militarismus wird 
seit Jahr und Tag in England nachgebetet. Mit Inbrunst nach¬ 
gebetet. Sie ist zu einer Art Glaubensidol geworden und unklar 
und verschwommen wie all diese Idole. Aber gerade wegen ihrer 
Anklarheit klammert man sich um so inniger daran. Lerr Asquith 
würde heute genau so wie der geringste Mann von der Straße 
in Verlegenheit kommen, wenn er sich darüber aussprechen sollte, 
was er eigentlich unter der Phrase von der Vernichtung des 
preußischen Militarismus versteht. Aber es ist so schön und so 
bequem, sich an einem unklaren Begriff zu berauschen und für 
ein zurechtgemachtes Idol in den Kampf zu ziehen. Immerhin: 
er ist da, dieser Rausch, er ist echt, und wir müssen dem Rech¬ 
nung tragen. 
Gerade der Amstand, daß sich dieser Glaubensfanatismus, 
der allen politischen Realitäten abhold ist, in den Kampf ein¬ 
mischt und die Kämpfer blind forttreibt, erschwert die ganze Si¬ 
tuation so ungemein. Man muß in diesem Kriege mehr als in 
irgendeinem anderen mit Stimmungsmomenten rechnen. Wir 
sind im Grunde dieselben geblieben, die wir vordem waren, ebenso 
wie auch Franzosen und Russen. Aber der Engländer ist ein 
anderer geworden. Er sieht sich zum erstenmal einer Lage gegen¬ 
über, die ihn und sein Land mit Gefahren bedroht, die er bisher 
nicht für möglich gehalten. And zum erstenmal läßt er sich fort¬ 
reißen von unklaren Gefühlsmomenten. 
Daß dieses England von heute nicht das alte England ist 
von gestern, dessen ist sich der Engländer selbst nicht bewußt, und 
das verkennt man auch vielfach in Deutschland. Am so fühlbarer 
wird diese Veränderung des englischen Wesens im neutralen Aus¬ 
land erkannt. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch das 
anführen, was der schon genannte holländische Schriftsteller 
L. Simons, der die englischen Verhältnisse aus jahrelanger
	        
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