Volltext: Wofür kämpfen die Engländer? [78]

die Redensarten werden dann wohl auch das einzige sein, womit 
wir abgespeist werden. 
„Auf den Erschöpfungskrieg scheint es England in erster 
Linie angelegt zu haben. Schöne Worte über das Recht der 
Völker und klingende Phrasen über die Sicherung des Weltfriedens 
können die Tatsache nicht bemänteln, daß die öffentlichen Äuße¬ 
rungen der englischen Politiker von etwas ganz anderem Zeugnis 
ablegen als von der Liebe für das Recht und für den Welt¬ 
frieden ..." 
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Das ist die Tonart, wie sie aus der holländischen Presse, 
aus der holländischen Öffentlichkeit England entgegenklingt. And 
wenn man in England augenblicklich überhaupt fähig wäre, ruhig 
zu urteilen und einer sachlichen Überlegung zugänglich zu sein, so 
könnten diese Stimmen des neutralen Auslands nicht eindruckslos 
an den Engländern vorübergehen. 
Aber England befindet sich zurzeit in einem Taumel des Irr¬ 
wahns, in dem jede Stimme der Vernunft beim ersten Laut er¬ 
stickt wird. Die englische Nation ist völlig umgewandelt. Der 
Engländer wird nicht mehr geleitet von der kühlen nüchternen 
Berechnung, die ehemals die Triebfeder all seiner Landlungen 
bildete, der Engländer von heute wird fortgerissen von einem Ge¬ 
fühls- und Temperamentüberschwang, der nicht zu seinem eigent¬ 
lichen Charakter paßt und der ihm ehemals fremd war. 
Das wird bei uns in Deutschland bei Beurteilung der eng¬ 
lischen Politik vielfach verkannt. Der Phrasenschwall, von dem 
die englische Politik augenblicklich beherrscht wird, hat seine tiefere 
psychologische Begründung. Der Engländer macht nicht die Phrasen 
aus Berechnung, er glaubt an sie, er berauscht sich an ihnen. 
Es ist verkehrt, ihm von vornherein nichts als unlautere Motive 
unterzuschieben. Der Engländer, mit dem wir es heute zu tun 
haben, ist nicht schlecht aus Berechnung, sondern höchstens schlecht 
aus Fanatismus. Das erklärt so vieles in seinem uns sonst 
so unerklärlichen Verhalten. Das macht aber zugleich die Verstän¬ 
digung mit ihm so schwer. Mit einem kühl berechnenden Schurken 
läßt sich schließlich verhandeln, er wird einsehen, wo sein Vorteil 
ist und wo nicht, mit einem fanatisch Verblendeten aber ist es 
ungemein schwierig oder fast unmöglich, auf einer vernünftigen
	        
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