Volltext: Die neue Familie [70]

Wird anerkannt, daß für die Erhaltung und Vermehrung 
der Volkskraft die Ehe und Familie eine Conditio sine qua non 
ist, so folgt daraus mit unerbittlicher Logik, daß die sittliche Vor¬ 
aussetzung von Ehe und Familie, die geschlechtliche Treue, nicht 
nur eine private Angelegenheit der Eheschließenden, sondern eine 
öffentliche Angelegenheit der Allgemeinheit, des Staates ist. Es 
wird mit dieser Erkenntnis Pflicht des Staates, die geschlechtliche 
Treue als ein köstliches, unentbehrliches Gut der Allgemeinheit 
zu schützen und den Treubruch als etwas der Allgemeinheit Schäd¬ 
liches zu bestrafen und zu verfolgen: der Ehebruch kann un¬ 
möglich nur Antragsdelikt bleiben, sondern er muß 
Offizialdelikt werden, das nicht nur mit entsprechenden 
Geld- und Freiheitsstrafen, sondern vor allen Dingen mit dem 
Verluste des politischen Wahlrechtes zu bestrafen wäre. Es ent¬ 
spräche durchaus den Rechtsvorstellungen des deutschen Volkes, 
die Treue der Ehegatten unter den offiziellen Schutz des Gesetzes 
zu stellen, den Treubruch mit empfindlichen, insbesondere mit 
Ehrenstrafen zu belegen, denn gerade die geschlechtliche Treue ge¬ 
hört zu den ältesten und schönsten Vorzügen des deutschen Volks¬ 
charakters, wie wir schon von Tacitus wissen. 
Erst durch den Einfluß der geschlechtlichen Zügellosigkeit der 
Franzosen sind die Vorstellungen in unserem Volke so vergiftet, 
daß das Gold der ehelichen Treue bei uns nicht mehr in der 
alten guten Währung steht. 
Es ist ferner zu fordern, daß die Leistung des Familienvaters, 
die in der Erzeugung und Erziehung von ehelichen Kindern be¬ 
steht, vom Staate entsprechend gewürdigt werden. Wir sehen es 
überall, daß diejenigen einen erhöhten Einfluß auf die Gestaltung 
der öffentlichen Dinge, der Gesetzgebung im Reiche, im Bundes¬ 
staate und in der Gemeinde haben, die über große materielle Güter 
verfügen. Man nimmt an, daß der Reiche ein höheres Interesse 
an dem Bestände des Staates habe, und daß er durch seine 
größeren Steuerabgaben dem Staate mehr leiste als der Ärmere. 
Das Interesse am Staate und die Leistungen der kinderreichen 
Familien sind noch niemals anerkannt worden. Der jetzige Krieg 
hat unserem Volke auch nach dieser Seite die Augen geöffnet. 
Soll es wirklich so bleiben, daß der Vater von sechs Söhnen, 
die alle sechs ihr Blut fürs Vaterland vergossen haben, bei den 
Wahlen in Staat und Gemeinde, keinen größeren Einfluß hat 
Paull, Die neue Familie 2 17
	        
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