Volltext: Kurze Geschichte Steyrs

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des römischen Rechts, welches die deutschen, weltlichen und 
geistlichen Fürsten in ihren Ländern zunr Theil schon von 1450 
cm durch diese gelehrten Beamten ausüben ließen. Die Bauern 
Deutschlands (und wol auch die Bürger) wehrten sich gegen das 
mit dem Jus aufgekommene „Schinden und Schaben" seitens der 
Fürsten und seitens der geistlichen und weltlichen Grund¬ 
herrn, vor Allem gegen eine knechtische Leibeigenschaft, welche 
um 1450 unter der Herrschaft des germanischen Rechtes fast 
nirgendwo in Deutschland mehr vorhanden gewesen und nun 
durch das Recht des römischen Sclavenstaates wieder eingeführt 
zu werden drohte. Bon da her der Zorn und Aufruhr der 
Bauern auch gegen die (Curat- und Regular-) Geistlichkeit, und 
nicht erst durch Luthers Schriften; sie wußten, daß fast ein 
Drittel des gesummten Grundeigenthums sich in den Händen 
der privilegirten deutschen Kirche befand. In manchen Städten 
besaßen die kirchlichen Stiftungen den größten Theil der Stadt¬ 
flur. Tie angeführte Handhabung des römischen Rechtes und 
die kirchlichen Zustände, welche kurz angedeutet werden sollen, 
zwangen die Gemüther zur Abneigung vor der Geistlichkeit und 
auch vor der entstellten Religion. Die Abneigung führte zum 
Abfalle, so daß um 1560 im Lande ob der Enns kaum mehr 
der 20. Theil der Einwohner katholisch war. 
Todte Formeln, oft unverstandene oder mißverstandene 
Sätze der Religion, äußere Werkheiligkeit ohne Geist, ohne 
Kraft und ohne Liebe, Sittenlosigkeit bei Laien und Priestern, 
Mangel an tauglichem Unterrichte, alle diese Übel herrschten 
damals; denn eine große Anzahl von Kirchen lag verbrannt 
und öde, war ohne Seelsorger; die Jugend wuchs auf ohne 
religiöse Belehrung, sah nichts als Eigennutz, Verrath, Unter¬ 
drückung, Raub und Gewalt, Aberglauben und eben so 
lächerliche als das Heilige entweihende Gebräuche. Dazu kamen 
oft noch Stolerpressungen (Erpressungen für die Stola, für geist¬ 
liche Amtsverrichtungen), Willkür und Mißbrauche verschiedener 
Art. Man hatte zwar oft genug nach Verbesserung im Haupte 
(im Papste) und in den Gliedern gerufen, die weltlichen 
Fürsten hatten sich viele Mühe gegeben; die Concilien selbst
	        
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