Volltext: Johannes Bünderlin von Linz und die oberösterreichischen Täufergemeinden in den Jahren 1525 - 1531

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deutung zugrunde liegt, zu verstehen; so verspricht Gott den Juden 
leibliches Wohlergehen, das gelobte Land Canaan u. s. w., wenn 
sie die Gebote halten, er schenkt ihnen den Sieg über die Heiden, 
damit sie nicht abtrünnig werden. Wenn sie etwa die leibliche 
Pracht und das äufsere Wohlergehen derselben bemerkt hätten,, 
zeigt er ihnen, dafs die Kraft Gottes noch gröfser sei. Er setzt 
im alten Testamente bedeutende und grofse Strafen fest, um durch 
diese die äufserlichen, fleischlichen Juden von der Überschreitung 
des Gesetzes abzuschrecken, er macht nach menschlicher Weise 
mit ihnen einen Vertrag, worin er ihnen verspricht, ihnen Gutes 
zu erweisen, wenn sie seine Gebote erfüllen. Dieses äufsere Wort 
Gottes war aber lediglich das Mittel, die Juden zu erziehen, und 
hatte also auch nur so lange Geltung, als der Zweck nicht erreicht 
war. Sei dies der Pall, so gelten die Worte der Bibel: „Das 
Reich Gottes ist in Euch, das Evangelium wird gepredigt zum 
Zeugnis (nicht zur Seligkeit). 64 
Wer das innere Wort hört, dem ist das äufsere deshalb nur 
ein Zeichen, eine Kontrafaktur des innerlichen, und nur um auf 
dieses aufmerksam zu machen, sei jenes vorhanden. Nur insofern 
könne man verlangen, dafs dem äufserlichen Worte Gottes geglaubt 
werden soll, als es im Grunde doch nichts anderes ist, als das 
innerliche. Es ist kein anderer Zweck des äufseren Wortes, und 
kann kein anderer sein, als dafs es das Innerliche in uns wecke,, 
und wo dieses der Pall ist, ist wahrhaftiges Christentum da. 
Auch die Sendung Christi, sagt die erste Schrift Bünderlins, 
sei ein solcher Akt äufserlicher Offenbarung, und zwar der letzte. 
Die Menschheit hatte sich, so erklärt sie die Sendung Christi, so 
von Gott abgewendet, dafs sie ihn aus eigener Kraft nicht mehr zu 
fassen vermochte. Darum sandte er seinen Sohn Christus, um 
uns auf den rechten Weg zu weisen. Was uns Christus brachte, 
war eigentlich schon in uns: Wir hatten dieselbe Fülle des Geistes 
wie er; nur war sie uns nicht zum Bewufstsein gekommen. Dies 
brachte Christus zustande. Er wirkte nur auf geistige Weise, im 
Gegensatz zum alten Testamente, und wir dürfen ihn auch nur 
geistig fassen. Wir sollen nach ihm hungern, aber nicht leiblich 
durch Essen seines Leibes, was etwas äufserliches wäre, sondern 
geistig, indem wir seinen Sinn und Geist erkennen, der vorher 
schon in uns war. Auch nicht auf seinen Tod an sich sollen wir 
sehen, sondern auf den Grund und die Ursache desselben, Christus 
ist allerdings unser Erlöser und Seligmacher, aber auch diese
	        
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