Volltext: Johannes Bünderlin von Linz und die oberösterreichischen Täufergemeinden in den Jahren 1525 - 1531

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Gott auf dieser Erde kämpfen, damit wir nickt hoffärtig werden 
und uns Gott gleich denken. Er dauere so lange, bis uns das 
Gesetz des Geistes und der Freiheit von dem Gesetze der Knecht 
schaft befreit, bis die Eigenliebe aufhört und die Liebe des Näch 
sten beginnt. Was dann im Fleische noch übrig ist und ohne 
unsere Zustimmung sich regt, wird nicht zugerechnet, ob wir uns 
schon für schuldig darin erkennen, weil’s nicht wir, sondern die 
Sünde in uns thut. 
Wer sich in solchem Zustande befindet, der braucht das Gesetz 
nicht, wohl aber der, in dem das göttliche Licht verdunkelt 
ist, dieser bedarf der äufseren Offenbarung. Und weil dies Licht 
einmal in allen Menschen verdunkelt war, deshalb bedurften sie 
alle der äufseren Offenbarung. Dazu nun rechnet Bünderlin sowohl 
die Schrift, das alte und neue Testament, als die Wunder und 
Zeichen und endlich auch die Menschwerdung Christi. 
Gott hat es vorausgesehen, sagt er, dafs wir von ihm abfallen 
werden, darum hat er nicht nur von Anfang an sein Wort in uns 
gelegt, sondern auch von Zeit zu Zeit uns äufserliche Offenbarungen 
gegeben. Diese Offenbarungen haben weiter keinen Zweck, als 
uns auf das Wort in uns zu leiten. Das äufserliche Werk bewirke 
in uns aber gar nichts ohne das innerliche. Wäre es anders, dann 
käme das Reich Gottes von aufsen in uns, was dem Wesen des 
Christentums zuwider ist, und diejenigen, welche das Wort Gottes 
gehört haben und wissen, wären dadurch allein schon fromm, wie 
allerdings manche glauben. In Wahrheit käme aber dabei blofs 
Heuchelei heraus. Es sei auch nichts, wenn die Menschen erst 
auf ein Zeichen vom Vater warten, um ihm zu folgen, als ob sie 
ohne dies nichts thun könnten. Der Vater erzieht alle Menschen 
auf gleiche Weise. Aber die Menschen erkennen dies nicht. Auch 
auf Wunder darf man nicht mehr warten, wie heutzutage so 
manche thun. 
Als das äufsere erste Offenbarungswerk Gottes an der Mensch 
heit erschienen Bünderlin die den Juden gegebenen Gesetze. In 
den Juden sei das innere Wort verdunkelt gewesen, sie seien im 
Aufserlichen befangen gewesen: Das Geistige hätten sie nicht 
mehr verstanden, Gott habe daher auf äufserliche Weise mit ihnen 
sprechen und handeln müssen, um sie nach und nach zur Er 
kenntnis zu leiten. 
Die Gebote und Sprüche im alten Testamente seien daher 
immer nur als Symbole, als Andeutungen, denen eine tiefere Be-
	        
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