Volltext: Johannes Bünderlin von Linz und die oberösterreichischen Täufergemeinden in den Jahren 1525 - 1531

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reichs aufzuweisen hatte. Eine Reihe von Umständen hat dazu 
beigetragen. Die Tradition der Milde und Toleranz, welche Strafs- 
burgs Obrigkeiten im ganzen Mittelalter ausgezeichnet hatte, war 
in den Ratsherren des 16. Jahrhunderts lebendig geblieben, ja es 
hat wohl niemals früher ein Mann den kurulischen Stuhl der 
Stadt eingenommen, der in gleichem Mafse wie der damalige 
Ratsoberste Jacob Sturm von Sturmeck Einsicht mit Güte in sich 
vereinigt, in gleichem Mafse wie dieser ein strammes Regiment 
mit fortschrittlichem Sinne verbunden hätte. 
Selbst die Prediger Strafsburgs waren aus anderem Holze ge 
schnitzt, als die der übrigen deutschen Städte, Luther und Zwingli 
nicht ausgenommen. Denn während sich allerorten das durch 
das Beispiel Luthers begünstigte rechthaberische, ja gewaltthätige 
Vorgehen der reformatorisch gesinnten Machthaber in nichts von 
dem Zelotismus der katholischen Priesterschaft unterschied, haben 
Bucer, Capito und Zell, die Reformatoren Strafsburgs, eink Weit 
herzigkeit in der Auffassung religiöser Ideen und kirchlicher Zu 
stände zur Schau getragen, die noch heute unser Erstaunen 
erregt. 
Insbesondere suchten sie die aus den Täuferkreisen hervor 
gegangene Opposition durch privaten Zuspruch und öffentliche 
Disputationen, durch persönlichen Umgang und liebevolles Ent 
gegenkommen zu gewinnen, und erst als diese Mafsregeln erfolg 
los geblieben waren und das allzu tumultuarische Vorgehen ex 
centrischer Rappelköpfe den religiösen Frieden der Bürgerschaft 
zu untergraben und die Ruhe der Stadt ernstlich zu gefährden 
drohte, rieten sie dem Rate nicht etwa zur Hinrichtung der Un 
verbesserlichen, sondern zu deren Entfernung aus dem Weichbilde 
der Stadt. Wie weit ihre Toleranz in Glaubenssachen ging, mag 
daraus entnommen werden, dafs Bucer in der Schrift: Grund und 
Ursach der Neuerungen in der Gemeinde zu Strafsburg vom 
26. Dezember 1524 schreibt: „Die blofse Wassertaufe macht nicht 
seelig, sondern allein die geistliche Taufe Christi, welche durch 
jene bedeutet wird. Wo Jemand mit der Taufe warten will und 
solches bei denen er wohnt, ohne Zerstörung der Lieb und Einig 
keit erhalten kann, wollen wir uns darum mit ihm nicht zweyen, 
noch ihn verdammen, ein Jeder sei seines Sinnes gewifs. Das 
Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, also auch nicht der 
Wassertauff, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im 
heiligen Geist.“
	        
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