Pflichten gegen den Staat und zu einem vernünftigen Gebrauch
ihrer staatsbürgerlichen Rechte, zur Einsicht in die Aufgaben des
Staates und zu dem lebendigen Gefühl der Verantwortlichkeit,
daß jeder an seinem Teil zum Wohle der Gesamtheit an der
Verwirklichung des Staatszweckes mitzuarbeiten hat. Über allen
Gründen steht aber der oben geschilderte Zusammenhang zwischen
Wehrfähigkeit und Bildung gegenwärtig obenan.
So schwerwiegend sie aber in ihrer Gesamtheit sind, sie
reichen doch nicht aus, um die Notwendigkeit einer reichsgesetzlichen
Regelung des gesamten Schulwesens zu erweisen, ja, es erheben sich
zahlreiche Gegengründe. Zunächst muß die Tatsache hervorgehoben
werden, daß das Reich die schulgesetzlichen Bestimmungen der
Einzelstaaten, die es vorfand, als hinreichende Garantie für das
Bildungsmindestmaß seiner Bürger ansehen konnte. Zudem hat
sich das Schulwesen in den einzelnen Bundesstaaten in verschie¬
denen Richtungen und zu verschiedener Äöhe entwickelt. Diese
Verschiedenheit ist zu einem guten Teile in der Verschiedenheit
der Volksindividualität begründet und hat darum etwas Berech¬
tigtes. Landschaftliche Eigenart, Hauptbeschäftigung, wirtschaftliche
Lage sind von tiefgehendem Einfluß auf die Beweglichkeit des
geistigen Lebens und das Bildungsbedürfnis, also auch auf die
Bildungsmöglichkeit. Bildungsangelegenheiten können sich in ge¬
sunder Weise nur entwickeln in engem Anschluß an alle diese in
den einzelnen Bundesstaaten verschiedenen Voraussetzungen. Alles
Schablonisieren und Aniformieren könnte hierin geradezu verhängnis¬
voll werden. Denn Bildung ist ihrem eigentlichen Wesen nach
immer etwas Individuelles, wie im einzelnen Menschen, so in
den einzelnen Volksstämmen.
Zwei weitere Schwierigkeiten, die bildungspolitisch von weit¬
tragender Bedeutung sind, mögen hier nur angedeutet werden. Die
eine liegt in der konfessionellen Verschiedenheit, die andere in der
Frage der Schullasten. Ein Reichsschulgesetz ohne Übernahme der
staatlichen Schullasten auf das Reich ist nicht wohl denkbar. Welche
schwerwiegenden Probleme dabei auftauchen, lehrt ein Blick auf
die oben mitgeteilten Ergebnisse der sinanzstatistischen Untersuchung
Sevins, und die Probleme werden noch schwerer, wenn man an
die ungeheuren Kriegskosten denkt, die dem Vaterlande jetzt er¬
wachsen, und an die erhöhten Rüstungsausgaben, die es in Zukunft
wird auf sich nehmen müssen.
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