Nicht deutlicher kann der Unterschied in Kultur und Lebens¬
anschauung, kurz in dem, was wir Bildung nennen, zum Aus¬
druck kommen als durch derartige Beispiele und Gegenbeispiele.
Auch im inneren Leben des Vaterlandes bewährt sich die
deutsche Bildung. Nur ein gebildetes Volk konnte aus freiem
Antrieb die großartigen Organisationen schaffen, deren Bedeutung
für die höchsten Leistungen des Staates jetzt allgemein gewürdigt
wird. Nur ein gebildetes Volk konnte die grundstürzenden Ände¬
rungen der Volkswirtschaft, die der Krieg hervorrief, ohne jede
Störung durchführen; das große Amlernen, das jetzt unsere In¬
dustrie auf sich nehmen muß, war nur mit einem Arbeiterstab zu
ermöglichen, der das Lernen gelernt hat und mit ihm zugleich die
Fähigkeit, umzulernen. Nur in einem gebildeten Volke konnte
über alle Anterschiede der Partei, des Standes, der Konfession
hinweg das Einigkeitsgefühl einen so überwältigenden Ausdruck
finden, wie wir es beim Ausbruch des Krieges erlebt haben.
Ein amerikanischer Rechtsanwalt wollte uns kürzlich die An¬
maßung unterschieben, wir erhöben Anspruch auf den „Alleinbesitz
der Kultur". Wir wissen uns frei von einer solchen Borniert¬
heit; wir vergessen nicht über den Tagen der ungeheuren Er¬
regung, wie viele Kulturgüter wir unseren Gegnern in West¬
europa verdanken, mit denen wir nach dem männermordenden
Kampfe doch wieder in geistiger Gemeinschaft die Kulturwerke
des Friedens pflegen wollen. Aber ohne jede Ruhmredigkeit
messen wir den Gesamtbesitz unserer alle Glieder des Volkes durch¬
dringenden Bildung mit dem, was sie dagegen einzusetzen haben,
und ziehen ohne jede pathetische Gebärde das Fazit. Deutsch¬
land hat immer mehr getan für die Wertschätzung und Verbrei¬
tung fremder Kultur im Inlande als für das Bekanntwerden
seiner eigenen Kultur im Ausland. Deshalb kennen wir, was
auch eine Folge unserer Bildung ist, unsere Feinde weit besser
als sie uns. In einem noch heute in englischen höheren Schulen
gebrauchten Lehrbuch der Geographie wird berichtet, daß in Deutsch¬
land Bären und Wölfe Hausen, die Hauptnahrung aus Sauer¬
kraut und rohem Fleisch bestehe, und daß infolge des Genusses
von rohen Fischen der Aussatz über das Land verbreitet sei.
And was der Volksjugend Frankreichs über deutsche Kultur und
deutsche Kriegführung gelehrt wird, davon sind jetzt genug ver¬
bürgte Proben durch unsere Presse gegangen.
16 '