Innerhalb der liberalen Partei, gestützt auf die breitere Mittel¬
klasse und einen Teil der Bauern, sind die Führer und die Presse
ententefreundlich, während die tiefsten Schichten angelsächsische
Sympathien haben. Ein Deutschenhaß ist im großen und ganzen
nicht vorhanden, und die Stimmung ist durchaus nicht einheitlich.
Gewisse vorgeschobene liberale Neichstagspolitiker sind ausgeprägt
deutschfreundlich, eine der einflußreichsten Parteizeitungen, die
„Gotenburger Äandels-und Seefahrtszeitung", gleichfalls. Inner¬
halb der sozialdemokratischen Partei folgt der äußerste revolu¬
tionäre Flügel dem Deutschenhasser Branting; die Vertreter der
Fachvereine wiederum mit ihren intimeren Verbindungen zu der
deutschen Arbeiterbewegung sind in der Regel deutschfreundlich.
Dasselbe gilt im allgemeinen von den Arbeitern und den Zeitungs¬
organen des südlichen und des westlichen Schwedens, während
im nördlichen Schweden sowohl die Arbeiter wie ihre Zeitungen
längst mit der Entente Fühlung genommen haben.
Dies alles ist sozusagen quantitativ gesprochen. Aber dieser
quantitative Maßstab ist nicht ausreichend. Er rechnet falsch.
In der Tat verhält es sich so, daß der starke Strom in seiner
Tiefe uns nach der Seite führt und trägt, wo das deutsche stamm¬
verwandte Volk feinen Kampf gegen die Moskowiter ausficht;
die Stimmungen sind für die Entente das Kräuseln der Winde und
der Schaum auf der Fläche. Die Stimmung, die durch Agitation
für die Entente geschaffen wurde, und deren erster Vertreter Bran¬
ting ist, erträgt die Erschütterungen der harten Wirklichkeit nicht.
Im Augenblick, wo es ernst wird, werden alle die schönen fran¬
zösischen Papierblüten an der schwedischen Fichte in alle Wind¬
richtungen zerflattern, und Ljalmar Branting wird dort allein
stehen, allein und verlassen mit seiner gallischen Flöte in der
Land. Vielleicht wird er dann selbst verstehen, daß es ein ver¬
geblicher Versuch war, die starken historischen Gewalten zu über¬
tönen, die dem germanischen und protestantischen Schweden seine
Aufgabe in der Welt geben.
Was ich hier zu behaupten wage, wird durch die schon
erwähnte Lage bei Kriegsausbruch bekräftigt, wo man ganz ein¬
fach allgemein den Anschluß Schwedens an der Seite Deutsch¬
lands gegen den Erbfeind als eine selbstverständliche Sache erwartete.
Lind sie wird von der starken „aktivisti schert" Stimmung be¬
stätigt, die Vertreter aus sämtlichen Parteien hat, die die
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