Volltext: Schweden und der Weltkrieg [77]

Finnland gekämpft haben, vernichtet werden. Für all dies 
trägt das Volk Schwedens die Verantwortung, nicht 
nur innerhalb der eigenen Grenzen Schwedens, son¬ 
dern auch in Finnland und überall dort, wohin schwe¬ 
dische Kultur in der Welt gedrungen ist. 
Eine ganz einfache Analyse zeigt, wie die bereits erwähnten 
Tatsachen gewirkt und die Lage Schwedens im Weltkrieg wie auch 
seine Stellung zu den kämpfenden Parteien beeinflußt haben. 
Beim Kriegsausbruch empfanden wir die Ahnung einer 
Sammlung nationaler Richtlinien gegen den Todfeind im 
Osten, im Anschluß an das deutsche stammverwandte Volk. 
Sogar ein so heftig deutschfeindliches Organ wie die führende 
Zeitung des Radikalismus in Stockholm, „Dagens Nyheter“, er¬ 
klärte sich in den ersten Wochen für die Zentralmächte. Aber 
schon nach einer kurzen Zeit, als die erste Erregung vorüber war, 
als man sah, daß der schwere Ernst uns nicht sofort traf, folgte 
man den alten Spuren. 
Die schwedischen linksstehenden Parteien wurden, wie schon er¬ 
wähnt, in erster Linie zu Frankreich hingezogen. Mit den Denkern 
und Dichtern Erik Gustav Gejer und Viktor Rydberg erhält zwar 
der schwedische Liberalismus seine Wurzeln auch in der deutschen 
Kultur. Dieser Liberalismus ist aber für unsere moderne Linke 
ein überwundener Standpunkt; der Radikalismus unserer Tage 
mit seinen Vertretern, dem kürzlich verstorbenen Karl Staaff 
und Äjalmar Branting, dem Leiter der Sozialdemokraten, der 
doch seinem ganzen Wesen nach einen bürgerlichen altradikalen 
Standpunkt vertritt, ist einseitig französisch orientiert. Diese 
Führer haben ihre Iugendideale aus dem Frankreich der Freiheit, 
der Gleichheit und Brüderlichkeit geholt. Diese redseligen Kory¬ 
phäen der gleichartigen schwedischen Zweiten Kammer suchen ihre 
Vorbilder in der französischen Deputiertenkammer, und ihre poli¬ 
tischen Ziele haben sie im französischen Republikanismus oder 
wenigstens in dem englischen Parlamentarismus gefunden. Von 
symbolischer Bedeutung ist es, daß der erste Vertreter des schwedischen 
Liberalismus in den achtziger und neunziger Jahren, S. A. Äedin, 
in seinem Testament verfügte, daß sein Sarg in die französische 
Trikolore eingehüllt werden sollte. 
Der Krieg hat gewissermaßen dazu beigetragen, solche Ge¬ 
fühle zu verstärken. Die Liebe zu dem, was man zu verlieren
	        
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