Volltext: Siedlungsgeschichte des Waxenbergischen Amtes Leonfelden

Siedlungsgeschichte des Waxenbergischen Amtes Leonfelden. 
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zwei vollkommen andere Siedlungsformen, nämlich das Waldhufen- 
und das Angerdorf (Abb. 4 bzw. 19; S. 241 bzw. 295). 
Beide Formen sind durch die Lusflur gekennzeichnet. Das Nutz 
land ist in eine einfache Schar meist gleicher Gutsstreifen, Lüsse, 
zerlegt. Auf ihnen sitzen im Waldhufendorf die zugehörigen Höfe in 
einfacher Reihe und lockerer Bauweise an der Dorfstraße; im An 
gerdorf aber umschließen sie in zwei gegenüber gestellten Reihen 
von geschlossener Bauweise einen Anger, d. h. Dorfplatz. Diese bei 
den jungen Formen werden uns im folgenden näher beschäftigen. 
Eine weitere Form, das Gewanndorf, fehlt im Mühlviertel voll 
ständig. Diese Sammelsiedlung ist auf die ältesten Besiedlungs 
gebiete inmitten des Landes beschränkt, und zeigt die Flur in 
mehrere große Teile, Gewanne, zerlegt, in denen jeder Hof seinen 
meist streifenförmigen Gutsanteil besitzt, wobei einst die Reihen 
folge der Besitzer in jedem Gewanne dieselbe war 41 ). Jedes Gut be 
steht hier also aus einer Anzahl von in den Gewannen verstreut 
liegenden Grundstücken (Abb. 1, C). 
Der deutsche Landesausbau bediente sich in seinem zweiten 
Abschnitte, bei uns seit dem 13. Jahrhundert, neuer Besiedlungs 
mittel. An die Stelle von Einzelhofblockflur und Sammelsiedlung mit 
Block- oder Gewannflur traten die in ihren Anfängen genossen 
schaftlich gerodeten Lusfluren des Anger- und des Waldhufendorfes; 
und im Gegensätze zur bisherigen Besiedlungsweise, die von der 
Donau ausgehend eine Hügelreihe nach der andern mit Einzelhöfen 
besetzt hatte (Rodungsbewegung in Form einer Stirnwelle), rodete 
das 13. Jahrhundert von einem im Herzen des Waldes gelegenen 
Mittelpunkt aus gleichzeitig nach allen Richtungen der Windrose, 
also auch donauwärts (Ringwelle). Eine ungewöhnliche Beschleuni 
gung des Rodungsvorganges und eine allgemeine Belebung der Er 
schließungstätigkeit war die Folge. Die neue Weise fand sowohl bei 
dem regen inneren Ausbau des alten Wohnlandes, wie auch in den 
Gebieten der süd- und nordostdeutschen Kolonisation allgemeine 
Anwendung. Sie war der jener Zeit eigentümliche, allgemein gültige 
Besiedlungsstil. 
Auf dem jungen Boden der Marken konnte er ungestört seinen 
reinen, typischen Ausdruck finden. Auch in unserem Lande wurde 
damals viel neuer Boden erschlossen; seine Siedlungsformen 
zeigen dasselbe reine Gepräge. An der von uns untersuchten Ge 
gend soll gezeigt werden, in welcher Weise sich der sowohl recht 
lich wie besiedlungstechnisch auf neue Grundlagen gestellte Be- 
»2!) Schröder R., Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 4. Aufl. (1902) 
S. 58.
	        
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