Volltext: Wo stehen wir? [19]

lange Jahrzehnte vornehmlich durch seinen Streit mit Rußland 
gefesselt und deshalb zugleich auf uns angewiesen. Seine un¬ 
mittelbare Wendung gegen uns fließt aus der neuen Größe 
Deutschlands in der Welt, und nur insofern diese die Folge 
von Bismarcks Werk ist, die Folge der Reichs- und auch der 
Bismarckschen Kolonialgründung, nur insofern ist auch Eng¬ 
lands Feindschaft ein natürliches Ergebnis der Bismarcktat. 
Aber deutlich und stark geworden ist sie erst nach Bismarck: 
indem wir hinausgingen in die Welt. Da traf England auf 
unseren wirtschaftlichen Wettbewerb und auf den Wettbewerb 
unserer Macht, auf die deutsche Weltpolitik, von 1897 und 
1900 ab auf die deutsche Flotte, und seit 1902 und 1904 gilt 
Englands uralte Bekämpfung des stärksten Festlandsstaates uns. 
Wir haben es nie angegriffen und haben es nie angreifen 
wollen, wir haben seine Weltmacht über die Meere hin mit 
ihrer riesigen Seegewalt, mit ihrer alle anderen überwiegenden 
Flotte niemals bestritten, sie niemals aktiv bedroht. Rur seine 
Weltalleingewalt und -allgewalt, nur seine Weltherrschaft 
konnten wir nicht anerkennen, und die Anerkennung unseres 
eigenen Daseins und seiner notwendigen Deckung mußten wir 
fordern, wenn wir leben wollten. England aber hielt sich für 
bedroht; und das neue Zeitalter gewann seine stärkste Form 
in jener Wendung Englands gegen uns. Es schloß mit seinen 
alten Nebenbuhlern Frieden, mit Rußland auf Zeit, mit 
Frankreich womöglich für immer, damit es frei würde und 
jene gewänne gegen uns: um unserer Weltwirtschafts-, noch mehr 
um unserer Weltmachtstellung halber. Äier erhoben sich die 
zwei modernsten unter allen europäischen Gewalten gegenein¬ 
ander, und Deutschland wiederum war unter den beiden die 
modernere; hier ist alles ganz Gegenwart. Bei uns daheim 
ist dieser Gegensatz am wenigsten als innerlich berechtigt, am 
wenigsten als eine notwendige Feindschaft anerkannt worden. 
Den mit Frankreich fanden wir unvermeidlich, den mit Ru߬ 
land am Ende auch, und zwischen uns und Rußland lag auch 
für unser Bewußtsein der Gegensatz der Kulturen. Bei Eng- 
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