Full text: Die Stellung des Papsttums im Weltkriege [76]

Nation fein, mag es auf Verlangen einer gerade herrschenden anti¬ 
klerikalen Parlamentsmajorität43) fein I 
Von dem Belieben eines Staates, dessen gegenwärtige 
Regierung, wie wir jetzt leider ergänzen müssen, in Vertrags¬ 
fragen sich um ihre Vertrauenswürdigkeit hat bringen lassen,") 
den „Sacro egoísmo“ gewissermaßen als Regierungsprinzip pro¬ 
klamiert hat! — 
Zu einer Änderung der unwürdigen Lage des Oberhauptes der 
katholischen Kirche suchte, schon verhältnismäßig früh, Preußen, 
wenigstens indirekt, den Anstoß zu geben. 
In der Sturmperiode des Kulturkampfs, als Pius IX. die 
preußischen Maigesetze für null und nichtig erklärt, hatte Fürst 
Bismarck bitter das „Anheil" empfunden, wie er sich dem öster¬ 
reichischen Ministerpräsidenten Grasen Andrássy gegenüber aus¬ 
drückte, „daß dem Papsttum Rom und der Kirchenstaat entzogen 
sei. Dadurch sei es jedem Zwang unerreichbar und könne ungestraft 
sengen und brennen". Er dachte sogar daran (im Jahre 1875), 
die Schöpferin des Garantiegesetzes, die italienische Regierung, 
für Erlasse und Vorgehen des unverantwortlich und unangreifbar 
gewordenen Papstes verantwortlich zu machen: Sie wäre ver- 
pflichtet, aus ihrem Territorium keine feindlichen Akte gegen eine 
befreundete Macht, keine schädlichen Einwirkungen aus deren Staats- 
angehörige zu dulden. Sonst wäre ein Papst mit weltlicher Herr¬ 
schaft vorzuziehen: ihm könnte man Krieg erklären, und schon ein 
Kriegsschiff in dem Lasen von Civitavecchia würde als Drohung 
wirksam fein.46) 
Es war bald nach der Beendigung des Kulturkampfs. Da 
erschienen in Berlin, anläßlich von Zeitungsnotizen, daß vorgeblich 
Papst Leo XIII. ein Asyl, ein „selbstgewähltes Exil", außerhalb 
Italiens suche — sei es in Tirol, sei es in Fulda —, im De¬ 
zember 1881, von einer Seite, die dem Fürsten Bismarck wohl 
sehr nahe gestanden haben dürfte, in dem angesehenen politischen 
Blatte, der „Post", drei vielbeachtete Artikel: „Die Lage des 
Papstes", „Die Krisis im Papsttum" und „Die römisch¬ 
deutsche Frage" betitelt (in Nr. 331, 340 und347).") Gerade 
damals gab Bismarck die Absicht der preußischen Regierung kund, 
bei der Kurie eine direkte diplomatische Vertretung wiederherzustellen. 
Ans interessiert hier vor allem der dritte jener Artikel mit folgen¬ 
den sehr bemerkenswerten Ausführungen: 
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