Full text: Die Stellung des Papsttums im Weltkriege [76]

mit anderen Mächten, für den Fall eines Krieges, in welchen: 
Italien neutral bliebe, und in jedem anderen Falle, in dem es auf 
die innere oder äußere Sicherheit des Staates ankäme, hatte bei 
den Beratungen über das Gesetz der Abgeordnete Corte erfolg¬ 
los als Ergänzung des eben behandelten Artikel 12 beantragt! 
Daß die päpstlichen Legationen auch im Falle desKrieges 
unverletzlich sein sollten, hatte Cavour in seinem Gesetzentwurf 
(Artikel Zu) ausdrücklich hervorgehoben. 
Zur Beurteilung des Garantiegesetzes und der Stellung des 
Papstes überhaupt ist die Erwägung wichtig, daß es mit seiner 
Voraussetzung, der Papst residiert in Nom, steht und fällt. Für 
den päpstlichen Aufenthalt in einem anderen Lande verliert es seine 
Gültigkeit, weil es eben nur ein von der italienischen Regierung 
für einen Untertanen erlassenes Gesetz ist. Wiederholt ist den 
Päpsten seit Pius IX. eine Zufluchtsstätte außerhalb Italiens 
angeboten worden: so Pius selbst, wie oben bereits berührt, im 
August 1870 von den Engländern und auch von Bismarck, sodann 
im Februar 1873 von Adolf Thiers das Schloß von Pau mit 
dem nötigen Budget für den päpstlichen Haushalt,^) und kürzlich 
dem Papste Benedikt XV. von König Alfons XIII. von Spanien 
der Escorial. 
Nur vorübergehend haben die Päpste Pius IX. und Leo XIII., 
dieser nach den unerhörten Tumulten bei dem Leichenbegängnis 
seines Vorgängers im Juli 1881 und nach der dem Artikel 8 des 
Garantiegesetzes widersprechenden staatlichen Übernahme der Güter- 
verwaltung der Propaganda kicke irrt März 1884, an ein Ver¬ 
lassen Roms gedacht. Die richtige Empfindung, daß die katholische 
Kirche in ihrer Organisation durch eine bald zweitausendjährige 
Geschichte zu innig, ja untrennbar mit Rom verwachsen ist, daß 
eine Entfernung ihres Mittelpunktes von der alten Welthauptstadt, 
von der geheiligten Stätte der Apostelgräber, den gesamten kirch- 
lichen Organismus, vor allem die päpstliche Herrschaft erschüttern 
würde, hat sie stets noch rechtzeitig von der Ausführung etwaiger 
Reisegedanken abgebracht?") In einem anderen Lande wäre der 
Papst ebensowenig wirklicher Souverän. Nach der Politik der 
dortigen Negierung würde er sich, schon in Rücksicht auf die 
freiwillige Wahl seines Aufenthaltes, schließlich fast gänzlich 
zu richten haben! Aus der Geistlichkeit jenes Landes würden 
sehr bald seine Nachfolger hervorgehen, wie es einst in Avignon der 
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