Volltext: Über die gewerbliche Schulbildung

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Meister und Gesellen sind der Schule überhaupt entrückt und 
können mit Lehrlingen zusammen nicht erfolgreich unterrichtet wer 
den, da, von anderen Umständen abgesehen, auch ihre Bedürfnisse 
wesentlich von denen der Lehrlinge verschieden sind und sich auch 
verschieden äußern. Die erwachsenen Gewerbetreibenden wurzeln 
nämlich zumeist schon ganz in der Praxis, haben nur Sinn für das 
Nächste, was da zu machen ist, und fühlen nur das Bedürfniß un 
mittelbarer praktischer Auskünfte, welche ihnen die Wissenschaft 
schon ganz fertig und sogleich geben soll. Dieß ist aber nicht Sache 
der Schule; dafür kann ein gewerblicher „Fragekasten" viel besser 
dienen. 
Meister und Gesellen werden daher wohl auf anderen Wegen, 
als auf dem der Gewerbeschule, Unterricht u. gewerbliche Aufklärung 
suchen müssen. Für diese in umfassender Wcise zu sorgen, ist auch 
eine Hauptaufgabe der Gewerbevereine und Genossenschaften. 
Da nun die Gewerbeschule sich nur mit Lehrlingen beschäf 
tiget, daher nicht bloß gewerbliche Rezepte und einzelne Aufschlüsse 
geben, sondern zusammenhängend lehren soll, so kann sie die 
Ordnung beim Unterrichte nicht entbehren, und muß auch die zur 
Herhaltung eines regelmäßigen Schulbesuches nöthigen Mittel be 
sitzen. Dieß rechtfertigt die Einführung eines gewissen Zwanges bei 
der Gewerbeschule, den nun einmal alle Jugend braucht, wenn 
etwas Tüchtiges aus ihr werden soll. 
Man wird den Lehrlingen nicht freistellen dürfen, ob sie 
„dieses oder jenes, hier oder dort lernen wollen", weil sie in der 
Mehrzahl das, was zu ihrem wahren Besten führt, noch nicht zu 
wählen verstehen. Die Erfahrung lehrt, daß auch ihre Meister und 
Eltern häufig nicht fähig, mitunter auch nicht des Willens sind, 
für sie die besten Bildungsmittel ausfindig zu machen. 
Die Gewährung der gewerblichen „Lehrfreiheit für Jeder 
mann" würde dem jetzt grassirenden Schwindel auch auf diesem 
Gebiete Thür und Thor öffnen, nicht zu reden von der schädlichen 
Zersplitterung des Geldes und der Kraft, die sie zur Folge 
hätte. 
Die freie Concurrenz ist nicht in allen Dingen und zu allen 
Zeiten, auch nicht überall gleich zweckmäßig. Ich will gerne glau 
ben, daß im Wege der freien Concurrenz das beste, schmackhafteste 
Brot erzeugt wird; denn ein jeder Mensch mit gesundem Gaumen 
kann hierüber urtheilen, und seinem Urtheile gemäß beim Einkaufe
	        
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