Volltext: Weltpolitisches Wanderbuch 1897-1915

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sittliche Aufgabe begreifen, die Individualität der Völker nicht 
nur zu dulden, sondern sie zu pflegen und ihr zu lebenskräftiger 
Ausbildung zu verhelfen. Mochte es begreiflich oder entschuld 
bar sein, daß wir während der Zeit, wo wir nicht weiter dachten, 
als bis zur Einrichtung unseres engeren deutschen National 
staats, die fremden Bestandteile, die es unter uns gab, mit 
Gewalt uns angleichen zu sollen glaubten — heute haben 
wir unsere Zukunft als Weltvolk verspielt, wenn wir nicht 
sehen wollen, daß unsere sittliche Aufgabe in der Welt gerade die 
Entwicklung des Menschheitsgeistes durch die Ausbildung der 
Eigenart aller Völker ist. Oie Welt wird letzten Endes doch von 
den moralischen Rräften regiert: so sehr, daß unsere Zeinde im 
Urteil der meisten Nationen uns nur daher verleumden konnten, 
weil sie es verstanden, sich selbst als Träger der geistigen Rultur 
der Menschheit, uns aber als deren Verächter hinzustellen. 
Zn Wirklichkeit sind alle die Tgpen von Rultur, die England, 
Amerika und Frankreich den Völkern zu bringen imstande 
sind, mit ausgeprägten Zügen der Einseittgkeit, Oberflächlich 
keit und geistigen Beschränktheit behaftet. Reine einzige von 
jenen drei Weltnationen ist imstande, die wirklichen und dau 
ernden Rechte allen fremden Volkstums innerlich anzuer 
kennen! Daran hindern sie ihr Hochmut und ihre Un 
wissenheit. Sie gehen aber einher im Gewände der großen 
menschheitlichen Ideen und täuschen damit die Welt. Das 
hätten sie nie gekonnt, wenn wir innerhalb unserer nationalen 
Rultur ihrem Schein hätten die Echtheit eines großen und 
tiefen, aus deutscher Ouelle fließenden sittlichen Universal 
gedankens entgegenhalten können. 
Soll die Welt auf uns verttauen lernen, soll sie Glauben 
gewinnen, daß ihr Entwicklungsfortschritt im ganzen bei uns 
besser aufgehoben ist, weil wir die höhere, die wirkliche Achtung 
vor der selbständigen, dauernden Eigenart jedes Volkes haben, 
so müssen wir den praüischen Beweis dafür liefern und uns 
entschließen, die Lchutzmacht der Völkerindividualitäten im
	        
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