Volltext: Die Großmächte der Gegenwart

Zusammenfassung 
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Volkes, -er Gleichgültigkeit der Presse, der Furcht des Kapitals vor 
Risiken in den Kolonien. Der Welteroberungstrieb scheint noch 
nicht in vollem Ernst erwacht zu sein bei einem Volk, das dazu ver¬ 
urteilt war, Jahrhunderte in der größten Zersplitterung zu leben, 
welche die Geschichte kennt, vielleicht liegt dieser Trieb von Anfang 
an ihm nicht im Blut, die norddeutsche Ebene bietet ja keine so weiten 
Perspektiven wie die Steppe Rußlands und die Prärie Nordamerikas 
oder das Meer an der Rüste Englands. Es sah wirklich so aus, als ob 
das heutige Deutschland, was den Slick über die Welt und das plane- 
tarische Machtverlangen betrifft, das die psychische Voraussetzung 
für die Großmacht ist, unter den anderen stehe. 
Andererseits darf man sich jedoch darin nicht täuschen, daß in 
neuester Zeit in der Tiefe der Volksseele eine Veränderung vor sich 
gegangen ist. Ein Ausdruck dessen war bereits das gewaltige Auf¬ 
rücken und der große Sieg der Nationalen bei der Reichstagswahl 
1907, wo Sozialdemokraten und Klerikale der Expansionspolitik den 
Garaus machen wollten. Ls sieht wirklich so aus, als ob der nationale 
Wille zum Wachstum neuerdings, um die Zeit der Marokkokrisis und 
nachher, im selben Maße wie die Machtentwicklung selbst fortge¬ 
schritten ist. Mit der Aufgabe und dem Risiko ist das Volk gewachsen. 
Denn dieses Volk besitzt noch alle Anzeichen einer physischen, psychischen 
und moralischen Gesundheit. Es ist ein Volk, das nicht nur auf der 
höhe der Kultur, sondern auch auf der der Lebenskraft und des 
Lebensmutes steht. Aus solchem Stoff werden Weltmächte geformt. 
Großüeutschland scheint bereit zu sein, vor der Geschichte das¬ 
selbe Zeugnis abzulegen wie Deutschland zu Bismarcks Zeiten — 
daßesreitenkann,wennmanesnurindenSattelhebt! 
Literatur: Ratzel, Deutschland, 1898; hasse, Deutsche Politik, I und II, 
1905—1908; Rrndt, V.s Stellung in der Weltwirtschaft, 1908 (1913); 
Julius Wolf, Vas Deutsche Reich und der Weltmarkt, 1901; Pohle, 
Deutschland am Scheidewege, 1902; Treitschke, Zehn Jahre deutscher 
Kämpfe, 1874; IReinecke, Weltbürgertum und Nationalstaat, 1908; Bis¬ 
marck, Gedanken und Erinnerungen, 1898; Grotefeld, Die Parteien des 
deutschen Reichstags, 1908; Lair, l/impörislismö allsmunck, 1909; Baudin 
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