Volltext: Die Großmächte der Gegenwart

Reich und Volk 
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Eisenbahnlinien über den Brennerpaß (1867) und durch den 5t.- 
Gotthard (1882) bezeichnet werden,' hier hat sich auch die italienische 
Nation über den österreichischen Trentino und den schweizerischen 
Ticino ausgebreitet. hier finden wir also noch Lücken in der na 
tionalen Einheit nach außen. Dasselbe ist auch der Fall beim 3u- 
sammenstoß der Festlandsgrenzen mit dem Meere (das österreichische 
Littorale, das französische Nizza) und in den Grenzmeeren (das fran- 
zösische Korsika, das englische Malta). Aber dies ganze „Italia ir- 
redenta“ repräsentiert höchstens eine Bevölkerung von IV3 Milli- 
onen, also keine 5«/» des 5tammes. Die Einheit der Nation im 
Innern ist ihrerseits so groß, daß der Verlust noch nicht I % erreicht. 
Das erste, große Debüt des Nationalitätsprinzips in der Welt- 
geschichte als einender Faktor hat also zu einem Resultat geführt, das 
man wohl als ein befriedigendes bezeichnen muß. Ruch die Forderung 
der geographischen Individualität erfüllt das neue Italien in felte- 
nem Grade. Es ist ein wirklicher Nationalstaat innerhalb eines na- 
türlichen Kähmens, eine selbständig lebende Persönlichkeit in eigenem 
Hause, in völliger und tiefer Übereinstimmung mit der heutigen 
5taatsidee. hierin liegt ein grundlegender Unterschied und ein ent- 
schiedener Vorzug gegenüber der Großmacht an der Donau. 
Fragen wir dagegen nach spezifischen Großmachtvoraussetzungen 
auf der apenninischen Halbinsel, so erhalten wir eine mehr zurück¬ 
haltende Antwort. Zwei wichtige Vorteile hat jedoch der 5taat von 
der Natur als Geschenk erhalten, die Lage und die Maritimität. Auf 
jene gründete sich im Altertum Roms politische, auf diese außerdem 
im Mittelalter Venedigs kommerzielle Mittelmeerherrschaft. Italien 
ist der große Molo des Mittelmeers, in der Mitte zwischen Gibraltar, 
dem Bosporus und 5uez gelegen,' an seiner Seite entlang dringt das 
levantinische Meer tief hinein nach dem herzen Europas, hier liegt 
deutlich seine Rulturaufgabe als Vermittler zwischen Europa und 
der Levante, eine maritime Konkurrenz zu der entsprechenden Auf¬ 
gabe Österreich-Ungarns auf kontinentalen Wegen. Als die Türken 
in der Renaisfancezeit ihren Riegel zwischen Morgen- und Abendland
	        
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