Volltext: Die Großmächte der Gegenwart

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I. Vsterreich-Ungarn 
Reichshälfte auf die Hegemonie ein und bildeten in ihrer „Ver¬ 
fassungspartei" die stärkste Stütze des österreichischen Staatsgedan- 
kens. Diese Stellung änderte sich jedoch nach dem Berliner Kongreß 
1878. Dadurch, daß sie sich der Okkupation von Bosnien wider¬ 
setzten, riefen sie einen Bruch mit dem Monarchen hervor und ver¬ 
loren gleichzeitig die Majorität im Reichsrat. Man könnte sich ja 
denken, daß sie, nachdem sie so ihr politisches Erstgeburtrecht ein¬ 
gebüßt hatten, für den „alldeutschen" Nationalgedanken mehr einge¬ 
nommen worden wären, Aber „deutsch-radikale" Strömungen nach 
dieser Richtung haben keine Tiefe gewinnen können - man sagt sich 
noch immer, daß es besser sei „sieben Nationen zu führen, als ein 
Hinterland der hohenzollern zu bilden", und daß „jede deutsch-öfter- 
reichische Irredenta eine Flucht vom Posten sei" (Springer). Jen¬ 
seits der Grenze ist die Haltung auch eine vollständig korrekte. Das 
Nationalitätsprinzip scheint hier mit der politischen Allianz „sa¬ 
turiert" zu sein. 
Im großen ganzen sieht es also so aus, als ob dem Irredentis- 
mus augenblicklich keine allzugroße Bedeutung im Problem der Mon¬ 
archie zuzuschreiben sei. Statt dessen finden wir, daß die Nationa¬ 
litätsidee sich durch das schadlos hält, was Blaskovich den „Rassen- 
imperialismus" nennt: den Kampf der Nationen um die Macht im 
Reiche. 
Zunächst finden wir hier den beinahe tausendjährigen Sprachen¬ 
streit zwischen Deutschen und Tschechen in den böhmischen Län¬ 
dern, in Wirklichkeit das am weitesten nach Westen vorgeschobene 
Glied in dem weltgeschichtlichen Konflikt zwischen Germanentum und 
Slawentum. Die Tschechen haben auch mehr als einmal (1848, 1867, 
1901) panslawistische Gefühle zu ihrer Unterstützung aufgerufen. 
Sie verlangen „Gleichberechtigung" mit den Deutschen, d. h. die 
obligatorische Anwendung ihrer lokalen Sprache in der Verwaltung 
neben der deutschen Weltsprache (Sprachenverordnungen Badenis 
1897). Die Deutschen dagegen fordern „Einsprachigkeit" durch Tren¬ 
nung der Gemeinschaft unter verschiedene Verwaltung. Seit 30 Iah-
	        
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