Volltext: Die Großmächte der Gegenwart

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VI. Die vereinigten Staaten 
werden vereinigt werden, scheint die Auffassung der meisten Beob¬ 
achter zu sein. Betreffs der südamerikanischen Frage gehen die Kn- 
sichten mehr auseinander. Man redet mit ziemlich großem Recht 
von einem „politischen Gravitationsgesetz", das diese kleineren Staa¬ 
ten zur Union wie Planeten zur Sonne ihres Systems hinziehe (Del. 
kert)>; man darf hierbei nie vergessen, daß die kulturelle und poli¬ 
tische Übermacht hier vereinigt sind. Andererseits darßman die Macht 
von Rassegegensätzen und klimatischen Faktoren, die sich hier geltend 
machen, nicht unterschätzen. Der panamerikanische Gedanke trägt ge- 
rade wegen des Gegensatzes zwischen dem germanischen und dem ro- 
manischen Amerika einen Reim zur Selbstauslösung in sich, von der 
sogenannten „ALL-Allianz" (zwischen Argentinien, Brasilien und 
Chile) wurde in neuerer Zeit oft gesprochen als dem Rern der „la¬ 
teinischen Union" in der Neuen Welt und als einem direkten Gegen¬ 
gewicht zur Großmacht Nordamerikas. Die Prophezeiung Moritz 
Wagners vom naturnotwendigen Untergang der spanisch-ameri¬ 
kanischen Rultur „im Schatten des gigantischen Hickorybaumes der 
nordischenFreiheit" sieht jetzt unsicherer aus als damals vor 60 Iah- 
ren, wo sie ausgesprochen wurde. 
Betrachtet man diese zunehmenden Schwierigkeiten auf dem Wege 
der Union, so wird es einem noch schwerer, an eine amerikanische 
Gefahr für die Alte Welt, abgesehen vom ökonomischen Gebiet, zu 
glauben,- hier heben die Gzeane als isolierende Schichten jede ge- 
jährliche Anziehung auf. Bis zu einem gewissen Grade wird wohl 
auch die ökonomische Gefahr sich selbst korrigieren, je mehr sich die 
vereinigten Staaten mit Menschen füllen und ihre Reichtümer auf 
diese Meise für den eigenen Bedarf festgelegt werden. Die Gefahr 
hatte Aktualität bei dem Unterschied zwischen ihrem großen leeren 
Raum und Europas überfüllten Zimmern. Dieser Unterschied zu- 
sammen mit der Zersplitterung Europas und der geringen Entwick¬ 
lung Chinas gab den vereinigten Staaten ihre weltgeschichtliche 
Gelegenheit. Niemand weiß, zu welchen zufälligen Übergriffen sie noch 
den willen haben können, diese Gelegenheit zu benutzen, und die Macht,
	        
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