Volltext: Indien im Weltkriege [63]

And doch sind die Fäden, die auf wirtschaftlichem wie auf 
geistigem Gebiete von uns nach Indien hinüberlaufen, ungleich 
älter und zahlreicher. Die Erforschung der altindischen Sprache, 
Literatur, Philosophie und Geschichte ist zum großen Teil deut¬ 
schen Gelehrten zu danken, die ersten protestantischen Missionare 
Indiens waren Deutsche (Ziegenbalg und Plütschau 1706 in 
Trankebar), die Brüder Schlagintweit überschritten zuerst den 
Limalaya und durchquerten Indien, deutsche (und schwedische) 
Soldaten halsen den Engländern Indien erobern und die Fran¬ 
zosen hinauswerfen, deutsche Forstleute haben (in englischem Auf¬ 
träge) der trostlosen Entwaldung des Landes Lalt geboten, und 
ganz neuerdings kommen auch indische Studenten nach Deutsch¬ 
land, um deutsche Wissenschaft an der Quelle zu schöpfen. Be¬ 
deutender noch sind unsere Handelsbeziehungen zu Indien. Von 
dem Generalhandel Indiens, der sich in der Zeit vom 1. April 
1912 bis zum 31. März 1913 aus insgesamt 5885 Millionen 
Mark belief, entfielen 478 Millionen auf Deutschland, auf Gro߬ 
britannien 2205 Millionen. Die Flagge der Bremer Lansalinie, 
der drittgrößten deutschen Dampfschiffahrtsgesellschaft, ist eine der 
meistgesehenen in Kalkutta, Bombay und besonders in Karatschi, 
dem zukunftreichen Lasen für das Indusland und Afghanistan. 
Zwar leben in Indien nur etwa 1500 Deutsche neben zirka 
160000 Engländern und 13500 anderen Weißen, aber diese 
wenigen Deutschen, meist Kaufleute, sind durchweg tüchtige und 
angesehene Leute. In den Basaren findet man überall deutsche 
Kurzwaren, das indische Kunsthandwerk bezieht zum Teil sein 
bestes Rohmaterial aus Deutschland, die indischen Zigarren sind 
zuerst von einem Deutschen fabrikmäßig hergestellt, und deutsches 
Bier verdrängt allmählich das stärkere, aber weniger schmackhafte 
englische und schottische. 
Trotz diesen mannigfachen wirtschaftlichen und geistigen Be¬ 
ziehungen gibt es, wie gesagt, bis auf den heutigen Tag keine 
„Deutsch-indische Gesellschaft", keine Organisation, die alle diese 
Beziehungen zu einer höheren Einheit zusammenfaßte und sie 
nicht nur den Deutschen, sondern vor allem auch den Indiern zum 
Bewußtsein brächte. And gerade dieses letztere wäre dringend 
zu wünschen gewesen. Denn die Indier wissen nichts von 
Deutschland, gar nichts. Im Volke kennt zwar mancher 
den Warenstempel „Made in Germany“, aber daß Germany ein 
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