Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

Die neutralen Nordstaaten und der britische Handelskrieg 291 
Als dann aber am 1. Oktober 1916 daS Verbot der englischen Regierung vom 
Juni 1916 in Kraft trat, wonach von Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland 
und der Schweiz nach England und Kanada keine Waren mehr eingeführt werden 
durften, an deren Herstellung irgendwie Untertanen einer feindlichen Macht beteiligt 
waren und die schwedischen Exporteure bei den Behörden ansrugen, wie sie sich den 
verlangten englischen „Certificate» of interest“ gegenüber mit Rücksicht auf das schwe 
dische „Kriegshandelsgesetz" verhalten sollten, verbot die schwedische Regierung am 
6. Oktober 1916 allen Exporteuren, die neuen Konnossemente zu unterzeichnen. Infolge 
dessen wurden die befrachteten englischen Schiffe in Göteborg festgehalten und ebenso 
ruhte in allen übrigen schwedischen Häfen jeder Stückgutexport nach England. 
Aber auch hierin mußte die schwedische Regierung wenigstens teilweise nachgeben. 
Am 16. Oktober 1916 wurde amtlich bekannt gegeben, daß die schwedische Regierung 
nach Befragung der Staatshandelskommission die Anwendung besonders ausgefertigter 
provisorischer Formulare für das Ursprungszeugnis gestatte, die aber nur bis zum 
1. November 1916 gelten sollten. Bis dahin erwartete man, die schwedischen Ausfuhr- 
beziehungen mit England durch erneute schwedisch-englische Verhandlungen geordnet zu haben. 
Und am 20. Oktober 1916 wurde amtlich folgendes bekanntgegeben: 
„Die Schwierigkeiten, die die auf englischer Seite getroffenen Maßnahmen für die schwedische Ein 
fuhr wichtiger Bedarfswaren herbeiführen, müffen, wenn sie fortgesetzt oder vermehrt werden, Schweden 
vor die Notwendigkeit stellen, nicht nur für Lebensmittel, sondern auch für Hilfsmittel der Landwirt 
schaft, Rohstoffe der Industrie usw. ein auf Abwägung der unumgänglichsten Bedürfniffe gegründetes 
System der Verteilung durchzuführen, entsprechend dem System, daS in gewiffen kriegführenden Ländern 
bereits durchgeführt worden ist. Nur auf diese Weise können die Gefahren und Unbequemlichkeiten, 
die aus den unzureichenden Vorräten erwachsen, in erheblichem Grade vermindert werden. Vor 
bereitende Maßnahmen für die Einführung eines solchen Systems in größerem oder kleinerem Um 
fange sind getroffen worden. 
Infolge der tief eingreifenden und für die Bevölkerung unvermeidlich drückenden Natur eines 
solchen Systems und auch mit Rücksicht auf die Wichtigkeit, die Hinderniffe zu beseitigen, die der 
für die Schaffung von Arbeitsgelegenheit und auch auS anderen Gründen notwendigen schwedischen 
Ausfuhr entstehen, hielt die Regierung darauf, daß sie einen erneuten Versuch machen solle, eine Ver- 
befferung der gegenwärtigen HandelSverhältniffe zu erreichen, ohne andere wesentliche Jntereffen 
aufzugeben. Zu diesem Zwecke beschloß die Regierung, Verhandlungen einzuleiten. Ueber die Grundzüge 
herrscht völlige Einigkeit im Ministerrat, der sich dem von der staatlichen Handelskommission einmütig 
vorgelegten Antrage vollkommen anschließen konnte. Für die Verhandlungen wurden der früher« 
Minister Hellner, Direktor Frisell von der Aktiengesellschaft Grängerberg, Bankdirekto r 
Marcus Wallenberg und Kanzleirat Westman vom Auswärtigen Amt abgeordnet. Diese 
werden, sobald die nötigen Vorbereitungen beendet sein werden, nach London abreisen." 
Die Notlage hatte England verursacht. Das Steigen der Lebensmittelpreise war durch 
die Knappheit der Vorräte bedingt, für die England durch seine widerrechtlichen Beschlag 
nahmen gesorgt hatte; am 1. November 1916 war man zur Einführung der Zucker 
karte und am 27. Dezember 1916 zur Einführung der am 15. Januar 1917 in Kraft 
tretenden Brot- und Mehlkarte nach deutschem Muster genötigt. Der Kohlenmangel 
hatte sich infolge der Einschränkung der englischen Kohlenlieferungen eingestellt und die 
Fabriken, die ihre Tore schließen mußten, waren vor allem Margarinefabriken, deren 
Rohmaterial wochen- und monatelang in Kirkwall zurückgehalten worden war. 
Wieder triumphierte man in London, wo man glaubte, Schweden jetzt endlich so weit 
zu haben, daß man ihm Bedingungen diktieren könne. Wie die Regierung die Lage auf 
faßte, geht aus einem Interview hervor, das der Minister des Auswärtigen, Wallen 
berg, einem Mitarbeiter der „Daily Chronicle" (XI. 16) gewährte. Er erklärte, Schweden 
befinde sich in einer besonders schwierigen Lage, da es sowohl auf England wie aus 
Deutschland wegen seiner notwendigsten Waren angewiesen sei und fuhr dann fort:
	        
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