Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

Die neutralen Nord st anten und der britische Handelskrieg 285 
dem Reichsverein norwegischer Kohleneinführer mitteilte, nicht um, wie „Tidens Legn" 
angedeutet habe, norwegische Schiffe in italienische oder französische Pflichrsahrten hinein 
zuzwingen, sondern als Folge einer gewissen Unzufriedenheit der englischen Regierung 
mit der Art, mit der von norwegischer Seite gewisse Maßnahmen durchgeführt würden. 
Die öffentliche Meinung in Norwegen wurde durch diesen neuesten Eingriff der Entente 
aufs höchste erregt. Der Hauptzorn richtete sich aber gegen die eigene Regierung, die darauf 
in einer offiziellen Erklärung zur Rechtfertigung ihrer Stellung behauptete, der Vorwurf, 
Norwegen habe die mit England vereinbarten Verträge nicht in zufriedenstellender Weise 
eingehalten, sei ungerecht, da sowohl das Abkommen über Fische wie auch das über Kupfer 
nicht übertreten worden fei. Erst am Schluß heißt es: „Die Klagen der britischen Regie 
rung über die Ausfuhr von Schwefelkies haben ihren Grund darin, daß die britische 
Regierung eine andere Auffassung von der Bedeutung des Abkommens hat, als die 
norwegische/ womit zweifellos in einer etwas seltsamen Weise das Vorhandensein von 
Meinungsverschiedenheiten zwischen London und Christiania zugegeben wurde. 
Auch diese Erklärung vermochte die öffentliche Meinung nicht zu beruhigen, umsoweniger 
als das eigentliche Ziel der englischen Kohlenpolitik in Norwegen immer deutlicher zutage trat. 
Denn England hatte, wie der „Neuen Zürcher Zeitung" (14.11.17) aus Christiania berichtet 
wurde, „die Kohlenzufuhr nach Norwegen nicht aus dem Grunde ststiert, weil Norwegen, wie 
es hieß, Vertragsbrüche begangen hatte, sondern nur deshalb, um einen Druck aus die 
norwegischen Reeder auszuüben, daß sie ihre Tonnage an England verkauften. Die Eng 
länder hatten demgemäß ein Angebot auf die gesamte Tonnage Norwegens gemacht oder nur 
auf die in englischen Häsen liegenden norwegischen Fahrzeuge. Und zwar erhielten die nor 
wegischen Reeder vom englischen Reederbund zweierlei Kaufangebote. Nach dem einen wollten 
die Engländer 30 Pfund Sterling pro Tonne bezahlen mit dem Recht für den Verkäufer, 
das Fahrzeug nach dem Krieg zurückzukaufen, nach dem andern sollte der Kauf in Form einer 
Abzahlung geschehen. Der Preis sollte 30 Pfund Sterling pro Tonne betragen, und die 
Engländer hätten das Fahrzeug gegen eine monatliche Vergütung von 35 s. pro Tonne 
gemietet. Nach Kriegsende hätte der Käufer das Fahrzeug zurückfordern können; die 
Reeder müßten in diesem Falle das Risiko einer Torpedierung auf sich nehmen. 
Bald traf auch aus Frankreich ein ähnliches Angebot ein, das nicht nur die norwegischen 
Fahrzeuge, die in englischen Häfen lagen und diese bis auf weiteres nicht verlaffen durften, 
betraf, sondern vor allem die Neubauten für insgesamt etwa 600 Millionen Kronen, die 
bei amerikanischen Wersten für norwegische Rechnung bestellt waren. Einige Schiffsreeder 
verkauften denn auch ihre in Amerika im Bau befindlichen Schiffe an die Franzosen, wofür 
ihnen 200 Dollars per Tonne bezahlt wurden. Wegen des Verbots, norwegische Fahrzeuge 
ohne Genehmigung der Regierung nach dem Auslande zu verkaufen, konnten zunächst keine 
Abschlüsse nach dem ersteren Vorschlag gemacht werden. Die Zeitungen warnten ernstlich 
vor dieser „neuen Falle" der Entente, die der norwegischen Schiffsflotte und dem ganzen 
Land zum größten Verhängnis werden könnte." 
Schweden 
Schweden hat den handelspolitischen Forderungen Englands gegenüber seit Anfang 
des Weltkrieges eine Stellung eingenommen, die sich von der anderer neutraler Staaten 
unterschieden hat. Die Hauptsache hierbei ist, daß sich die Stockholmer Regierung zu 
keinem generellen Abkommen über ihre Einfuhr von Waren nach dem Muster Hollands 
oder der Schweiz verstehen konnte. Andererseits hat man englischerseits nichts unversucht 
gelassen, ein solches Abkommen zu schließen. Wie bereits berichtet (vtzl. S. 116), waren im 
Herbst 1915 Verhandlungen zu diesem Zweck eingeleitet worden, die aber scheiterten, da die 
schwedische Handelskommisston die englischen Bedingungen für unannehmbar erklärte.
	        
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