Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

Die neutralen Nordstaaten und der britische Handelskrieg 271 
von Konterbande betrifft, so habe ich an meine früheren Proteste erinnert, daß Artikel bedingter 
Konterbande, nämlich Nahrungsmittel, die sich an Bord neutraler Schiffe auf dem Wege noch neu 
tralen Häfen befinden, der Beschlagnahme durch Kriegführende nicht unterliegen, und daß diese Art 
von Konterbande nur dann weggenommen werden darf, wenn sie für eine kriegführende Regierung 
oder deren Streitkräfte bestimmt ist. Die niederländischen Fischer bringen ihre Fische ausschließlich 
nach niederländischen Häfen, und die Fischer werden es stets sorgfältig vermeiden, einen Teil ihrer 
Ladung Kriegsschiffen kriegführender Mächte abzugeben. Ich habe ferner darauf hingewiesen, daß 
die niederländische Nordseefischerei nicht einem internationalen Transporthandel gleichzustellen sei, 
der durch das besondere Bedürfnis eines der Kriegführenden entstanden sei, sondern daß sie eine 
nationale Industrie sehr alten Datums darstelle, die ihre Entstehung keineswegs dem Kriegszustand 
zu verdanken habe. Die beabsichtigte Lahmlegung dieser Industrie würde die Vernichtung der 
Existenz eines wichtigen Teils der niederländischen Bevölkerung darstellen, nicht nur der Reeder und 
Fischer, sondern auch aller anderen Betriebe, die von der Fischerei abhängen. Wenn die britische 
Regierung gegen den Verkauf des größeren Teiles der Fische Beschwerde erhebt, steht eS ihr frei, 
auf offenem Markt hierzulande mitzubieten. Sodann habe ich den Gesandten auf die Erbitterung 
im ganzen Lande hingewiesen, die durch den Bericht über die Forderungen hervorgerufen wurde, 
die an die zur Besprechung der Angelegenheit nach London eingeladenen Vertreter der niederlän 
dischen Jntereffenten gestellt worden sein sollen. Wenn diese Forderungen sich verwirklichen, so 
würde dies auf eine fast völlige Lahmlegung unserer Nordseefischerei und damit verwandten Betriebe 
hinauslaufen. Ich fügte hinzu, daß die niederländische Regierung noch keine amtliche Bestätigung 
dieses Berichtes empfangen habe, daß ste aber darauf baue, daß die britische Regierung nicht zu 
einem ungerechten Vorgehen ihre Zuflucht nehmen werde. Schließlich gab ich zu verstehen, daß die 
niederländische Regierung aus den oben angegebenen Gründen berechtigt sei, zu erwarten, daß die 
aufgebrachten Schiffe ohne Verzug freigelassen werden würden. Ich kann der Kammer versichern, 
daß die Regierung dieser, für einen wichtigen Teil unserer Bevölkerung so wesentlichen Angelegenheit 
dauernd ihre volle Aufmerksamkeit schenken wird." 
Schließlich gelang es, wie „Daily Mail" nach „Reuter" (28. VIII. 16) meldete, zwischen 
den Vertretern der niederländischen Reedereien und der britischen Regierung ein bis 
März 1917 gültiges Abkommen zustande zu bringen, das den niederländischen Herings 
fang folgendermaßen regelte: 
„Die britische Regierung wird für jede Tonne holländischer Heringe, die nach neutralen Ländern 
verkauft wird, den niederländischen Fischern eine Prämie von 30 Schilling bezahlen. Die Heringe 
werden wie früher auf offenem Markte verkauft werden. Wenn dann Deutschland z. B 60 Schilling 
für die Tonne und Amerika nur 40 Schilling bietet, so wird Amerika die Fische bekommen, da 
durch die Prämie von 30 Schilling der Preis für Heringe für Amerika auf 70 Schilling steigen 
wird. Wenn aber Deutschland 75 Schilling bietet und Amerika nur 40, so wird Deutschland die 
Fische bekommen, vorausgesetzt, daß es nicht schon 20% des ganzen Fanges hat. Es ist auch möglich, 
daß infolge der Prämie von 30 Schilling Deutschland nicht einmal die für es reservierten 20 °/ 0 des 
Fanges erhält. Amerika wird wahrscheinlich den größten Teil der für neutrale Länder bestimmten 
60 % bekommen. Die Eigentümer der festgehaltenen holländischen Fischerfuhrzeuge werden für den 
aus dem Stilliegen der Schiffe erwachsenen Verlust entschädigt werden, wobei als Grundlage die Ein 
nahme einer mittelguten Saison errechnet werden soll. Ferner wird die britische Regierung die 
Schäden, welche die internierten Schiffe erlitten haben, bezahlen. Nach den Bestimmungen des Ab 
kommens wird die 30 Schilling-Prämie in Form von Kriegsanleihe den Besitzern gutgeschrieben werden." 
Trotzdem ruhte der Fischkrieg nicht. Schon im Oktober 1916 begann die Beschlag 
nahme holländischer Fischerbarken aufs neue, so daß die holländischen Fischer Ende Ok 
tober 1916 beschlossen, einige Zeit überhaupt nicht mehr auszufahren. 
Ein ähnliches Abkommen wie mit den niederländischen Fischern, ist mit den hollän 
dischen Viehzüchtern abgeschlossen worden, worauf der Export von Fleisch, Schinken 
und anderen Lebensmitteln nach Deutschland wesentlich abnahm und dafür entsprechend 
nach England zunahm. 
Auch die Ausfuhr von holländischem Käse ist im Interesse Englands derart geregelt 
worden, daß von den 80 °/o holländischen Käses, die ausgeführt werden durften, zukünftig
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.