Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

Die neutralen Nordstaaten und der britische Handelskrieg 267 
Amerika geschickt wurden, ebenso Geldsendungen und Schecks, Geschäftsbriefe und andere 
kaufmännische Schriftstücke wurden ebenfalls von den englischen Behörden beschlagnahmt, 
unter dem Vorwand, daß die niederländischen Banken bei Gelegenheit auch die Geschäfte 
deutscher Kunden vermitteln könnten. Gegen diese Eingriffe und gegen das von der 
britischen und französischen Regierung zur Rechtfertigung ihrer Maßnahmen gegen die 
neutrale Post erlassene Memorandum vom 4. April 1916 (vgl. S. 100) antwortete die 
holländische Regierung am 11. April 1916: 
1. Daß sie gegen die Beschlagnahme der Post Einspruch erhebe, wenn die Beschlagnahme im Wider 
spruch mit dem Völkerrecht stehe und an Waren verübt werde, die sich an Bord von neutralen Schiffen 
befänden; 2. daß das Haager Abkommen von 1907 absolute Unantastbarkeit der Post verlange, ob 
gleich auch damals bereits Muster, Wertsachen usw. im Brief verschickt worden seien; 3. daß die 
erwähnte Entdeckung der Bannware nur ein Zufall gewesen und doch schließlich nur durch die Ein 
sichtnahme in die Korrespondenz ermöglicht worden sei; 4. daß das Versenken der Schiffe durch 
Deutschland und Oesterreich nicht die Vernichtung der Post -um Zweck gehabt hätte und daß dadurch 
die britischen Maßregeln keineswegs gerechtfertigt wären; 6. daß durch die britischen Maßnahmen 
der Verkehr zwischen Holland und seinen Kolonien aufs schwerste geschädigt und unsicher gemacht 
werde, zum größten Nachteil deS holländischen Handels; 6. daß Effekten und Wertpapiere beschlag 
nahmt und zurückbehalten worden seien, waS einem Anfall auf das Eigentum niederländischer Banken 
gleichkomme; 7. daß die Regierung Zurückgabe der Werte erwarte und deshalb eine Liste der in 
Beschlag genommenen Werte beifüge. 
Die Antwort der britischen Regierung im April lautete, nach Angaben der »Kölnischen 
Zeitung* (8. III. 17), daß das englische Prisengericht beauftragt worden sei, zu unter 
suchen, ob die englische Regierung rechtmäßig gehandelt habe, und daß, ehe eine Ent 
scheidung des Gerichts gefallen sei, die Pakete nicht zurückgesandt werden könnten. 
Am 16. Juni 1916 richtete die holländische Regierung einen zweiten Einspruch an die 
englische Regierung, worin sie u. a. dem britischen Prisengericht das Recht bestritt, in 
dieser Sache zuständig zu sein. Die britische Regierung fühlte zum Schluß wohl selbst, 
daß ste in dieser Angelegenheit aus dem verkehrten Wege war, und versuchte die hollän 
dische Regierung dadurch zu beruhigen, daß sie sich bereit erklärte, einen Ausweg zu 
finden, um eine schnellere Durchsendung der Post zu ermöglichen. Die holländische Re 
gierung, die das ganze Austreten Englands als höchst unrechtmäßig betrachtete, ging jedoch 
auf diese Kompromißvorschläge nicht ein und antwortete, daß sie die holländische Post 
verwaltung zur Mitarbeit veranlassen würde, die darauf die Angelegenheit auf besondere 
Weise mit der englischen Regierung regelte. Schließlich hat die englische Regierung am 
27. Juli 1916 neue Verfügungen über die Versendung von Wertpapieren aus den Nieder 
landen nach überseeischen Ländern erlassen, nach denen die Kontrolle und Genehmigung 
zur Versendung einer finanziellen Abteilung der Niederländischen Ueberseetrustgesellschast 
übertragen wurde. 
Als dann England zur Kontrolle der neutralen Schiffahrt und zur zwangsweisen 
Verringerung der englischen Schiffsraumnot den holländischen und skandinavischen 
Reedern (vgl. S. 258) die Benützung deutscher Bunkerkohle unter Androhung der 
Schiffsbeschlagnahme verbot und an die Uebeilassung englischer Kohle die Bedingung 
knüpfte, daß die betreffenden Reedereien 30 °/o ihres Laderaums für englische Fracht 
bedürfnisse zur Verfügung zu stellen hätten, gab die holländische Regierung, die bereits 
im März 1916 den Verkauf und die Vermietung holländischer Schiffe an Ausländer 
verboten hatte, bekannt, daß der niederländische Schiffsraum für die Bedürfnisse der 
niederländischen Regierung verfügbar bleiben müsse und daß nicht gestattet werden könne, 
daß die Versorgung des eigenen Landes durch niederländische Schiffe zu kurz komme. 
Infolge der energischen Haltung der niederländischen Regierung und einiger kleinen 
Vergeltungsmaßregeln sah sich die britische Regierung zu einem Rückzug genötigt.
	        
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