Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

264 Der Handelskrieg vom 8. Februar 1916 bis 1. Februar 1917 
sicher in den eigenen Häfen oder in den Häfen neutraler Länder liege. Aus den deutschen HandelS- 
blättern gehe deutlich hervor, daß die Deutschen mit diesen Faktoren rechneten, um die industrielle 
und kommerzielle Wiedergeburt der Alliierten zu behindern. Die Deutschen organisierten schon 
jetzt Industrien für einen Vorstoß auf die Märkte der Entente und für eine energische und wenn 
möglich siegreiche Mitbewerbung in neutralen Ländern während der Zeit der allgemeinen Erholung 
vom Kriege. 
Die Wiederherstellung des verwüsteten Gebietes sei die allererste Forderung der Alliierten 
und diese Wiederherstellung müsse sowohl die Ersetzung der Rohstoffe wie der industriellen Ma 
schinen, der Ackerbauwerkzeuge, der Vorräte und der Handelsschiffe einschließen. Außerdeni 
hätten sich die Alliierten untereinander verpflichtet, den feindlichen Mächten durch eine Anzahl von 
Jahren die Behandlung auf der Basis der Meistbegünstigung zu verweigern. Das bedeute, daß für 
diese Periode das Entgegenkommen, das die Alliierten einander beweisen würden, nicht auf Deutsch 
land und Oesterreich-Ungarn ausgedehnt werden solle. Außerdem würden sie in der Zeit der Er 
holung vom Kriege ihre Hilfsmittel unter Bedingungen austauschen, die die Maßregeln Deutsch 
lands, sich Vorräte und Material aus den neutralen Ländern zu sichern, durchkreuzen würden. 
Der Premierminister sagte weiter: „Wir müffen alle deutschen Monopole, die vor dem Kriege 
bestanden, wie z. B. das Metallmonopol in Australien, verhindern. Das HandelSamt ist eifrig an 
der Arbeit, Pläne zu entwerfen, um uns von der Zufuhr aus Feindesland unabhängig zu machen. 
Was Hartstoffe, nichtraffiniertes Zink und andere wichtige Artikel betrifft, so ist bereits ein Plan 
für die Subsidierung der hierfür nötigen Wissenschaft und industriellen Unternehmungen aufgestellt." 
Der Premierminister führte weiter aus, daß sich die Beschlüsse der Pariser Konferenz nicht gegen 
die Neutralen richteten. Es stehe im Gegenteil fest, daß die wirtschaftliche Offensive, die die 
Alliierten fürchteten, auch für die Neutralen, deren Jntereffen dieselben seien wie die der Alliierten, 
Gefahren in sich schließe. 
„Was bei den weiteren Ausführungen Asquiths so außerordentlich überraschte, war," 
wie Fritz Zutrauen in der „Vossischen Zeitung" (12. VIII. 16) ausführte, „der Um 
stand, daß er es fertig brachte, den Gedanken des Wirtschaftskrieges zu verfechten und 
sich doch gleichzeitig als einen bewährten Veteranen des Freihandelsprinzips hinzustellen, 
zu dem er sich auch noch heute unentwegt bekenne. Es ist schwer begreiflich, wie man 
zwei so scharf auseinanderstehende Begriffe wie Freihandel und Wirtschaftskrieg nicht 
nur rhetorisch miteinander verbinden, sondern beinahe als gleichwertig bezeichnen kann. 
Hinsichtlich der allgemeinen Grundsätze der Pariser Beschlüsse herrschte im Unterhause 
vergleichsweise Uebereinstimmung. Wo die Meinungen aber scharf auseinandergingen, 
war das Gebiet ihrer praktischen Anwendung. „Wir wollen wissen," erklärte Sir Ed 
ward Carson, „was mit diesen Beschlüssen gemeint ist. Namentlich wollen wir wissen, 
wie Sie die Gefahr oes „dumping“ zu beseitigen gedenken." Und der frühere Home- 
Secretartz Sir John Simon ging sogar so weit, zu fragen — was bezeichnend ist 
für die Verwirrung, die in den Köpfen der Alliierten über so wichtige Angelegenheiten 
herrscht —, auf welche Transaktionen das Wort „dumping“ denn eigentlich Anwendung 
finden soll. „Ich habe," so erklärte Sir John, „den französischen Text der Pariser 
Beschlüsse durchgesehen, um zu wissen, wie „dumping“ im Französischen definiert wird. 
Und ich stelle mit Erstaunen fest, daß das französische Wort für dumping — dumping ist." 
Die Grundsätze des Freihandels wurden von Sir John Simon in ebenso energischer 
wie sachverständiger Weise verfochten. Der Redner kritisierte besonders die von den 
britischen Delegierten vorgeschlagene Weigerung, Deutschland und seinen Verbündeten 
nach dem Kriege die Behandlung der meistbegünstigten Nation zuzugestehen. Asquith 
und nach ihm Bonar Law hatten die größte Mühe, die geschickten Angriffe Sir Johns 
abzuweisen. Sie wußten schließlich keinen anderen Rat, als die Verantwortung für die 
gefaßten Beschlüsse Herrn Runciman in die Schuhe zu schieben. 
Sir John Simon seinerseits versuchte es, die der Stellungnahme der britischen 
Regierung zugrunde liegenden Motive zu ergründen und zu analysieren. Es könne sich
	        
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