Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

260 Der Handelskrieg vom 8. Februar 1916 bis 1. Februar 1917 
geistigen Fähigkeiten in Anwendung, um den Druck, der ste einschnürte, zu lockern und eine» Kanal 
für die Zuführung des Benötigten wieder zu öffnen. Ihre Anschläge kompromittierten den unschul 
digen neutralen Handel und brachten ihn in den Berdacht, eine feindliche Agentur zu sein. Ueber- 
dies schufen die mannigfaltigen Entwicklungen der Wiffenschaft des See- und Militärwesens, die 
Erfindung neuer Kriegsmaschinen und die von den deutschen Mächten erfolgte Zusammenfaffung ihrer 
Hilfsmittel in ihrer ganzen Ausdehnung zu militärischen Zwecken Verhältniffe, die ganz und gar 
verschieden waren von denen, die in den früheren Seekriegen obwalteten. Die in der „Londoner 
Deklaration" niedergelegten Bestimmungen konnten die Belastungsprobe nicht aushalten, die die 
äußerst schnell sich ändernden Verhältniffe und Richtungen mit fich brachten, die nicht vorhergeseheu 
werden konnten. Die alliierten Regierungen waren gezwungen, der so geschaffenen Lage Rechnung 
zu tragen und die Bestimmungen der Deklaration von Zeit zu Zeit diesen sich ändernden Berhält- 
niffen anzupaffen und mit ihnen in Einklang zu bringen, was die Absicht der Alliierten vielleicht der 
Mißdeutung ausgesetzt haben mag. AuS diesem Grunde sind ste zu dem Entschluß gekommen, daß sie 
sich darauf beschränken müssen, einfach die historischen und zugelaffenen Regeln deS Völkerrechts in 
Anwendung zu bringen. Die Alliierten erklären feierlich und vorbehaltlos, daß die Tätigkeit ihrer 
Kriegsschiffe sowie die Rechtsprechung ihrer Prisengerichte auch in Zukunft mit diesen Grundsätzen im 
Einklang stehen werden, daß sie treu ihre Verpflichtungen erfüllen und im besonderen die Bestim 
mungen aller internationalen Vereinbarungen bezüglich der Kriegsgesetze beobachten werden, und daß 
sie, eingedenk der Gesetze der Humanität, jeden Gedanken, das Leben von Nichtkämpfern zu bedrohen, 
aufS äußerste von sich weisen. Ferner, daß ste nicht ohne Grund neutrales Eigentum belästigen 
werden, und daß, falls ste durch eine Handlung ihrer Flotten den Jntereffen eines im guten Glauben 
handelnden Kaufmannes Schaden zufügen sollten, sie immer bereit sein werden, seine Ansprüche in 
Erwägung zu ziehen und ihm eine der Billigkeit entsprechende Entschädigung zu gewähren." 
Am 8. Juli 1916 veröffentlichte das französische „Journal osficiel" gleichfalls ein 
Dekret, wonach auch für Frankreich die „Londoner Seerechtsdeklaration" vom 26. Februar 
1909 außer Kraft gesetzt wurde. Und am 6. Dezember 1916 gab die „Petersburger 
Telegraphen-Agentur" bekannt, daß in Rußland, infolge eines Abkommens mit der 
französischen und englischen Regierung, die „Londoner Deklaration" mit Abänderungen und 
Ergänzungen durch einen kaiserlichen Ukas gleichfalls außer Kraft gesetzt worden sei. 
Demgegenüber veröffentlichte der deutsche „Reichsanzeiger" eine am 22. Juli 1916. 
in Kraft getretene Verordnung betreffend Abänderung der deutschen Prisen 
ordnung vom 30. September 1909, die „in Vergeltung der von England und seinen 
Verbündeten abweichend von der Londoner Erklärung über das Seekriegsrecht vom 
26. Februar 1809 getroffenen Bestimmungen" vom Kaiser für den gegenwärtigen Krieg 
genehmigt wurden. Die Bestimmungen umfassen eine neuaufgestellte Liste der absoluten 
und der relativen Konterbande, eine neue Freiliste sowie neue Feststellungen über die 
Fälle, in denen feindliche Bestimmung als vorliegend anzusehen ist. 
Eine weitere am 12. Juli 1916 in Kraft getretene Verordnung des deutschen Bundes 
rats vom 6. Juli 1916 verbot die Beförderung von Gütern zwischen Häsen des 
Auslandes durch deutsche Kauffahrteischiffe, wobei der Reeder, der Vertreter 
des Reeders oder auch derjenige, der ein ihm nicht gehöriges deutsches Schiff zum Er 
werbe durch die Seefahrt für seine Rechnung verwendet, für strafbar erklärt wurde. 
Den Reigen der allgemeinen englischen Verordnungen und Maßnahmen zur Verhinde 
rung des Handels mit den Zentralstaaten schloß die Ende August 1916 bekannt gegebene 
Errichtung einer neuen Finanzabteilung des Foreign Office, die, am 19. Mai 
1916 unter der Leitung von Sir Adam Block ins Leben getreten, eine finanzielle 
Blockade gegen Deutschland durchzuführen hatte. Die Londoner Banken for 
derten ihre Geschäftsfreunde in neutralen Ländern aus, eine Erklärung zu unterzeichnen, 
daß sie ihre Londoner Kontos nicht zu geschäftlichen Transaktionen mit Häusern in 
feindlichen Ländern benutzen würden. Die „Times" erklärte, daß dieses System mit Hilfe 
von Detektivs der verbündeten Regierungen durchgeführt werde.
	        
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