Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

256 Der Handelskrieg vom 8. Februar 1916 bis 1. Februar 1917 
Des weiteren war die britische Regierung fortgesetzt bemüht, die Hindernisse abzustreifen, 
die ihr die teilweise Anerkennung der „Londoner Deklaration" in der Ausübung 
ihrer Seekontrolle auferlegte. Am 31. März 1916 veröffentlichte die „London Gazette" 
zunächst eine „Order in Council“, welche nach einer Vereinbarung mit den Alliierten 
die frühere Order abändert, wonach die Bestimmungen der Londoner Deklaration bis 
auf gewisse Auslassungen und Abänderungen von der britischen Regierung angenommen 
wurden. Die Hauptklausel der neuen Order besagte, daß Artikel 19 der Londoner De 
klaration nicht mehr angewendet werden soll. Weder Schiff noch Ladung sollen, wenn 
sie die Blockade brechen, in Zukunft dadurch vor der Wegnahme geschützt fein, weil sie 
aus dem Wege nach einem nichlblockierten (d. h. neutralen) Orte sind. 
Damit wurde die Lehre von der fortgesetzten Reise, die von der Londoner De 
klaration abgewiesen worden war, zum Grundsatz erhoben, so daß von nun an z. B. 
ein holländisches Schiff auch auf der Fahrt nach einem holländischen Hafen beschlag 
nahmt werden durfte, da angenommen wurde, daß der holländische Hasen vielleicht nur 
eine Zwiichenstation und der endgültige Bestimmungsort der Ware Deutschland sein 
könne. Aber die Verschärfung der Seesperre durch England ging noch weiter. Bisher 
hatte England verfügt, es werde bedingte Bannware (z. B. Lebensmittel) von einem 
neutralen Schiffe, das nach einem neutralen Hafen fahre, beschlagnahmen, wenn die 
Ware „an Order" konsigniert sei oder die Schiffspapiere nicht ergäben, an welche Person 
sie konsigniert sei. Nun wurde verfügt, daß „ein feindlicher Bestimmungsort der Ware 
als bewiesen anzunehmen ist, wenn die Ware an oder für eine Person konsigniert ist, 
die im Verlaufe des Krieges Bannware, die importiert wurde, in Gebiete weiterbefördert 
hat, die dem Feinde gehören oder von ihm besetzt sind". Hiernach sollten z. B. hollän 
dische Firmen, die im Kriege irgendeinmal ausländische Waren bezogen und nach Deutsch 
land oder Belgien oder Luxemburg weiterverkauft haben, für ihre weiteren Einfuhren 
keinerlei Schutz des Völkerrechts mehr genießen. 
Im Unterhause erläuterte Lord Robert Ereil diese neue Order in Council 
folgendermaßen: 
„Den Haupigegenstand der Order bildet die Erklärung, daß der Begriff der fortgesetzten Reise in 
seiner Ausdehnung nicht nur auf bedingte Bannware, sondern auch auf unbedingte Bannware An 
wendung findet und ebenso auf die Blockade. Als einziger Unterschied in der Behandlung der un- 
bedinglen und bedingten Bannware bleibt bestehen, daß bedingte Bannware nur beschlagnahmt und 
verurteilt werden kann, wenn ste für die Streitkrüfte des Feindes oder für den Gebrauch einer 
feindlichen Regierung bestimmt ist, während unbedingte Bannwar« dem gleichen Schicksal unterworfen 
ist, wenn sie für irgendeinen Teil deS feindlichen Gebietes bestimmt ist. Bei der Durchführung der 
Maßnahme im gegenwärtigen Stand dieses Krieges ist die Unterscheidung zwischen den beiden Arten 
Konterbande unwesentlich, da ja im Grunde genommen alle Güter, die nach dem Gebiete unserer 
Feinde gesandt werden, in Wirklichkeit unmittelbar oder mittelbar zum Nutzen der Streitkrüfte ver 
wendet werden und daher in gleicher,Weise der Beschlagnahme unterliegen, ob sie nun bedingte oder 
unbedingie Konterbande sind. Die Regierung beabsichtigt, in amtlicher Form eine vollständige Liste 
der Bannwarenartikel zu veröffentlichen, in der sowohl die unbedingten wie die bedingten Bannwarm 
zusammen gedruckt gegeben werden, so daß alle neutralen Kaufleute sich über deren Zugehörigkeit zu 
der einen oder der anderen Kategorie unterrichten können. Das wird geschehen, sobald einige Er 
weiterungen der Banngutliste, über welche die Entscheidung jetzt noch schwebt, gemacht sein werde». 
Eine Ergänzung der Order bildet die Erläuterung gewisser Umstände, die die Vermutung erwecken, 
daß aufgebrachte Güter feindliche Bestimmung haben. Insbesondere wird darin auSgesührt, daß 
die erwähnte Vermutung besteht, wenn die Waren an eine Person in einem neutralen Lande kon 
signiert sind, von der schon von früher her bekannt ist, daß sie Bannwaren an den Feind gesandt hat." 
Am 19. April 1916 ist sodann die angekündigte neue Bannwarenliste herausgegeben 
worden, die in alphabetischer Reihenfolge alle bereits früher als Bannware erklärten und 
neu hinzugekommenen Gegenstände (z. B. Papiergeld, Gold) enthielt.
	        
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