Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

258 Der italienische Krieg während des fünften Kriegshalbjahres 
beben der Einschläge konnte sie verzehren und begraben. Die Besten starben so auf den 
Trümmerhaufen ihrer einstigen Gräben. 
Doch das durste nicht sein, die Helden mußten weiterleben. Ein, zwei Kilometer 
hinter der Hölle lagen neue Stellungen. Sollte man um einen Trümmerhaufen, 
der sich in die Linie vorschob, um Görz zu halten, immer wieder die Besten sterben 
lassen? Gut, Jtalia konnte sich den Weg daher mit 500000 Mann pflastern, konnte 
Hekatomben einer Idee, dem Totengerippe einer Stadt, zu Füßen legen! Wir, die wir 
an anderen Fronten kämpfen, wir, deren Soldaten als Helden des Görzer Brückenkopfes 
längst berühmt waren, dursten das nicht tun. Die Zyklopen in unseren Gräben wüteten, 
lieber sterben — nur nicht zurück! Aber die Vernunft der Führer befahl! Da flog die 
Jsonzobrücke staubend, flammend in die Luft — die trägen Wellen des sommerlich 
grauen Flusies sprühten aus, wie von Haß ausgepeitscht — nun sollten sie kommen — 
sollten Görz haben. Wir zogen unsere Linie hinter der Stadt hin und warteten dort 
aus den Feind. Luftiger strich es um die neuen Höhen, der Dunst von Blut und Tod 
war hier noch nicht. Und die Höhleninsassen von Doberdo und Podgora atmeten aus. 
Stahlhart in dem Höllenbrand geworden, schien ihnen das trotz der heißesten Kämpfe 
Erholung! Unten liegt Görz! Ist es noch eine Stadt? Sind das noch Häuser? Ist 
das die Piazza grande oder das Forum in Trümmern, unter denen Weiber und Kinder 
liegen? Den Jubel über die Einnahme von Görz mögen in Italien nur die teilen, die 
nicht mitgekämpft, die es nicht gesehen haben! 
Stumm tasten die italienischen Truppen durch die Stadt, kein Freudenschrei, kein 
Evviva! Sie sind den Weg hierher über die Leichen ihrer Brüder gegangen und gehen 
wieder vorwärts über Leichen der Ihren. War Görz, das zerschossene, zu Tode 
geängstigt«, arme Görz, dies wert? Fragen sich das nicht die Soldaten Cadornas? 
Ihr Helden von der Podgora und vom Doberdo, ihr Helden vom Görzer Brückenkopf! 
Ihr seid nicht unterlegen! Ihr habt durch ein ganzes Jahr — mit 365 Tagen und 
Nächten — die Stellungen gehalten! Eure Leiden zu kürzen, eure Lage zu verbessern, 
ward Görz geopfert, ein Steinhaufen für pulsende Menschenleben! Groß ist die Zahl 
der Helden in diesem Weltkriege, aber mit an erster Stelle neben denen der See, neben 
denen von Ipern und von Verdun werdet ihr genannt werden, ob tot oder lebendig." 
Die drei Heiligen von Görz 
„Wir können des Besitzes der Stadt Görz nicht froh werden", meldete der Sonder 
berichterstatter der Mailänder „Jtalia" (17. VIII. 16). „Nachdem wir sie besetzt haben, 
müssen wir sie noch von den drei Heiligen befreien, nämlich vom Monte Santo, dem 
San Gabriele und dem San Marco, von deren Höhen herab die Oesterreicher die Stadt 
beherrschen. Große Zeremonien zum Zeichen der Besitznahme der Stadt haben statt 
gefunden, aber alles geschieht unter dem Damokles-Schwert, das der Feind in Händen 
hat. Die Einwohner sind verschüchtert. Die Oesterreicher versprachen ihnen bei ihrem 
Abzug wiederzukommen. Sie werden zwar nicht wiederkommen, aber die Bevölkerung 
rechnet daraus. Die lange Unterwerfung unter Oesterreich hat sie an dieses gebunden. 
Der aus Florenz herbeigeeilte frühere Vizebürgermeister von Görz hat es vorgezogen, 
die Stadt noch nicht wieder zu betreten. Denn die Bevölkerung besteht zumeist aus 
Oesterreich Freundlichgesinnten. Der Gleichgültigen sind wenige, und die italienischen 
Patrioten sind längst nach Italien geflüchtet oder von den Oesterreichern interniert 
worden. Verrat, Spionage und Bedrohung sind an der Tagesordnung und eine all 
gemeine Räumung der Stadt erscheint unumgänglich. Viele wurden schon weggeführt. 
Die Schlimmsten sind diejenigen, die Sympathie für Italien heucheln. Aber die Karabinieri 
kennen ihre Pflicht und haben schon manche verhaftet, weil sie dem Feinde Zeichen gaben."
	        
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