Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

Vom Kreuzerkrieg der Unterseeboote 
233 
es war, bekommt etwas ab. Das Unterseeboot ist munter aber tief in Schweigen gehüllt. 
Offiziere und Leute begeben fich auf ihre Posten. Noch ruht das Boot aus dem Grunde 
des Kanals, wo es die ganze Nacht still gelegen hat. Ich höre weiter nichts als das 
schrille Kommando zum Oeffnen der Tanks, und mit wachsender Lebenskraft hebt fich 
das Unterseeboot allmählich empor, bis das Periskop in Höhe des Meeresspiegels liegt. 
Der Ingenieur blickt durch das U-Bootauge und späht. Weder ein britisches Patrouillen 
boot noch ein heimtückischer Zerstörer find zu sehen. Die Küste ist klar. 
„Ausblascn!" ries der Ingenieur, und von seinem Wasserballast völlig befreit, schießt 
das Schiff an die Oberfläche. 
„Beide, voller Fahrt voraus!" Dieser Befehl schleuderte das U-Boot durch die Wogen 
mit höchster Kraft, jagte es einer Wolke am Horizont entgegen, die kaum zu erken 
nen war. 
Wir alle klettern an Deck, schmutzig, rußig, ungewaschen und nehmen die Logen 
plätze für das kommende Schauspiel ein. Das U-Boot beschreibt eine glatte Kurve, und in 
toller Fahrt geht es dem Dampfer nach, der flüchten will. Es gibt kein Entrinnen. 
„Kriegsfahne auf!" Ich helfe mit. Das Geschütz wird schußbereit gemacht. Die 
Bedienungsmannschaft hakt sich mit Tauen, die an den Gürteln befestigt find, an der 
Reling fest wie Feuerwehrleute an den Leitern. 
„Los!" Der erste volle Schuß kracht durch die Lüfte und schlägt gischtend vor dem 
Dampfer ins Wasser. Er verlangsamt die Fahrt, hält inne, gibt aber noch nicht seine 
Nationalität zu erkennen. Was mag er sein? Britisch oder neutral? Bei unserer 
vollen Fahrt vermindert sich rasch die Entfernung. Der Mann am Ausguck kann den 
Namen entziffern: „Gadsby". Durch den Schalltrichter geht der Befehl hinüber, die 
Boote klar zu machen und zu bemannen. Jeder Aufenthalt ist vom Uebel. Ein Zer 
störer könnte uns überraschen, ein Flieger Bomben werfen. 
Die Rettungsboote werden herabgelassen und während fie sich entfernen, rufen wir 
ihnen den Kurs zum nächsten Küstenort zu. Noch einmal spricht das Geschütz. Granaten 
pfeifen. Ein klaffendes Loch mitten im Leib der „Gadsby". Ein zweites in Höhe der 
Wafferlinie. Sie rollt, und was lose ist, rasselt das Deck hinab. Durch die Oeff- 
nungen bricht die Lust mit Bombengewalt, und das Schiff versinkt unter einer Rauchwolke. 
Ich höre keinen Freudenrus des Hasses. Nichts als das schlichte: „Wieder eins 
weg!" Ich lege mit Hand an, als die leeren Granathülsen unter Deck gebracht werden 
sollen. Die U-Boote vernichten restlos alles Feindesgut, aber sie sind sparsam mit 
dem ihrigen. 
Wir machten auf jedes Schiff Jagd, gleichgültig ob es von Kriegsschiffen begleitet 
war oder nicht, und wir versenkten, was zu versenken war ohne viel Aufhebens. Nur 
daß wir mit Torpedos schossen und unter Wasser blieben, wenn Begleitschiffe gesichtet 
waren. Man war damit gerüstet für jede Schiffsgröße, aber in der Hauptsache gab 
es Kanonenarbeit über Wasser. 
Von neutralen Dampfern versenkten wir lediglich die, welche mit Bannware für die 
Alliierten beladen waren. Angehalten und untersucht wurden sie samt und sonders. Einen 
griechischen, einen holländischen und einen spanischen Dampfer ließen wir frei passieren, 
weil sie keine Konterbande mit sich führten. Viele britische Frachtdampfer hatten Schnell 
feuerkanonen an Bord, die unter Oeltuch verborgen aus einiger Entfernung nicht zu 
erkennen waren. Aber auch bei den Harmloseren hieß es alle Nerven spannen. Ist 
doch auch Weddigen, als er einem bestückten britischen Dampfer nachjagte, von einer 
neutralen Flagge getäuscht, heimtückisch mit seinem Boot in den Grund gebohrt worden. 
Nicht selten kamen wir in Sehweite der irischen Küste. Alle Mann standen rauchend 
und in Muße, erzählten Geschichten und guckten aus, ob sich etwas zeigte. Angst vor
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.