Volltext: Der Völkerkrieg Band 12 (12 / 1918)

230 Der Handelskrieg vom 8. Februar 1916 bis 1. Februar 1917 
„In den Tagen des Kaperkrieges wurden die aufgebrachten Schiffe mitsamt der 
Ladung Eigentum des Kapers. Das war ein höchst lukratives Geschäft. Die Stimu 
lans, die hierin lag, wurde allzuoft zu einer Versuchung, so daß man es nicht so genau 
damit nahm, ob das Schiff feindlich war oder neutral, oder ob in Wirklichkeit eine Ver 
letzung der Neutralität vorlag, die die Berechtigung zur Aufbringung begründete. 
Die Mächte einigten sich deshalb auf dem Pariser Kongreß im Jahre 1856 darüber, 
nicht länger Kaperbriefe an private Handelsschiffe auszustellen. Dagegen rührte man 
nicht an dem alten Brauch, die Offiziere und Mannschaften der Kriegsschiffe durch reich 
liche Prisengelder aufzumuntern, die berechnet wurden im Verhältnis zu dem Wert 
der ausgebrachten Schiffe, obwohl das fast zu demselben Mißbrauch wie die frühere 
Kaperung führen konnte. Während der napoleonischen Kriege sammelten sich britische 
Seeoffiziere aus diese Weise große Vermögen. 
Auf der zweiten Haager Konferenz im Jahre 1907 schlug die französische Delegation 
vor, die Mächte sollten sich darin einigen, dieses Unwesen abzuschaffen. Aber es 
gelang damals nicht, Einstimmigkeit für diesen Vorschlag zu erreichen. England 
und einzelne Kleinstaaten, wie Belgien und Dänemark, enthielten sich der Abstim 
mung, während der Vorschlag von Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Italien, Rußland, 
Japan, der Türkei, Schweden und Norwegen unterstützt wurde. Die Vereinigten Staaten 
stimmten dagegen, weil der Vorschlag mittelbar das Seebeuterecht aufrecht erhielt, also 
nicht weit genug ging. (Die Regierung in Washington schaffte bereits im Jahre 1899 
die amerikanische Vorschrift über Prisengelder ab.) 
Unmittelbar vor dem Kriege — am 17. März 1914 — äußerte der englische Marine 
minister, daß auch die britische Regierung bereit sei, die Prisengelder abzuschaffen. Die 
in Frage kommende „Oräsr in council" wurde auch wirklich drei Wochen nach Beginn 
des Krieges aufgehoben. Die entsprechenden Bestimmungen waren schon längst aus den 
Prisenverordnungen der anderen kriegführenden Staaten verschwunden, so daß es den 
Anschein hatte, als wenn dieser Krieg in einem Punkte wenigstens einen Fortschritt 
gegenüber der „Barbarei" früherer Zeiten bedeuten sollte. 
Zufolge „The Spectator" (1. IV. 16) ist „Victoria» oräsr in council" 1916 aber wieder 
in Kraft getreten — in etwas veränderter Form — und der Prisenhos hat die ersten 
Prisengelder an Offiziere und Mannschaften des bewaffneten Handelsschiffes „Cap Tra 
falgar" ausbezahlt, das im September 1915 das bewaffnete Handelsschiff „Carmania" 
in den Grund bohrte — im ganzen etwa 37000 Kronen, berechnet nach einem Grund 
preis von 90 Kronen für jeden deutschen Matrosen, der dabei umkam. Und jetzt strömen 
Forderungen von Millionen Pfund Sterling ein, die verdient worden sind in den vielen 
blutigen Treffen und bei den Kaperzügen während dieses Krieges. 
Man muß, auch in den neutralen Ländern, das Recht haben, zu fragen: Was ist 
der Grund zu dieser Kursveränderung, durch die die mächtige britische Marine in eine 
andere Stellung gerät, als die anderen Kriegführenden — Freunde wie Feinde? Hat 
es sich als mehr notwendig erwiesen, die britischen Seeleute aufzumuntern, ihre Pflicht 
gegen ihr Land und das Reich zu tun?" 
Episoden 
Die Tat eines deutschen Tauchbootes 
Am 22. März 1916 hielt ein deutsches Tauchboot nach einem Bericht der „Frank 
furter Zeitung" (9. V. 16) 140 Seemeilen westlich von den Hebriden die norwegische 
Bark „Pestalozzi" an. Dabei stellte das Tauchboot fest, daß sich ein englisches Prisen 
kommando, bestehend aus einem Seeoffizier, einem Unteroffizier und 4 Mann, an Bord 
der Bark befand. Das Prisenkommando hatte die Aufgabe, die Bark, die Zement
	        
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