Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

D i e achte Kriegstagung des deutschen Reichstags I. 23 
gelegmheiten. Schärfer ging der nationalliberale Abgeordnete Stresemann vor. 
Er sprach offen aus, daß die nationalliberale Partei das Hauptgewicht aus die Er 
weiterung der Rechte der Volksvertreter lege. Nach den Erlebnissen im Kriege könnten 
sie ihre früheren Bedenken gegen die Parlamentarisierung nicht mehr ausrecht erhalten. 
Man müsse die öffentliche Meinung des deutschen Volkes zur Unterstützung der deutschen 
Auslandspolitik mobilisieren. 
Nachdem dann noch der Abgeordnete Ledebour (soz. Arbeitsgem.) in einer Rede, 
die einige wirksame Wendungen enthielt und dann von Heiterkeit unterbrochen wurde, 
den Standpunkt der äußersten Linken zum Ausdruck gebracht hatte, kamen abermals 
zwei liberale Abgeordnete zu Worte. Der nationalliberale Abgeordnete v. Richthosen 
sagte knapp und deutlich, daß sich seine Partei mit der Helfferichschen Klausel, welche 
die Kommission nur auf Kriegsdauer weitertagen lassen will, nicht einverstanden er 
klären könne. Gegen Herrn Kreth bemerkte er sehr richtig, daß das Verhältnis von 
Fürst und Heer mit der Erweiterung der Parlamentsrechte gar nichts zu tun habe. 
Von dem Geist der wirklichen Neuorientierung, nämlich der Indienststellung des ganzen 
Volkes für das Vaterland, sei in den Erklärungen des Dr. Helfferich nichts zu spüren. 
Dann bezeichnete der fortschrittliche Abgeordnete Sivkovich (sortsch. Volksp.) die 
Macht- und Kraftlosigkeit des Reichstages in auswärtigen Dingen als einen unwürdigen 
Zustand. Es solle in Deutschland keine Versteckpolitik getrieben werden, sondern man 
solle einen wirklichen Volksstaat aufbauen. 
In einem Schlußwort stellte der Berichterstatter, Abgeordneter Bassermann (nl.) 
fest, daß ein eigentlicher Widerspruch zwischen dem Antrag der Kommission und dem der 
Konservativen nicht vorliege, und der letztere nur eine genaue Umschreibung wünschte. Es sei 
auch heute wiederum klargestellt worden, daß der Kommissionsantrag in die Kaiserlichen 
Rechte nicht eingreifen wolle. Darauf vertagte sich das Haus. Zu einer Abstimmung 
war es zwar noch nicht gekommen, aber der Gang der Debatte hatte deutlich erkennen 
laffen, daß eine starke Mehrheit im Reichstag für den Vermittlungsantrag des Zentrums 
vorhanden war. Der allgemeine Eindruck war, daß der Abgeordnete v. Richthofen 
die Stimmung richtig kennzeichnete, als er die Hoffnung aussprach, die Haltung der 
Regierung möge nicht später zu Konflikten führen. 
Bei der namentlichen Abstimmung am Schluß der Sitzung vom 27. Oktober 1916 ist 
dann der Antrag des Haushaltsausschusses, betreffend die Beratung von Angelegenheiten 
der Auswärtigen Politik und des Krieges während der Vertagung des Reichstags im 
Ausschuß für den Reichshaushalt, mit 302 gegen 31 Stimmen bei einer Stimmenthaltung 
angenommen worden, nachdem vorher der Antrag Arnstadt und Genossen gegen 
die Stimmen der beiden Parteien der Rechten abgelehnt worden war. 
Die Annahme des neuen 12-Milliarden-KreditS und die Finanzrede 
des Rcichsschatzsekretärs 
am 2 7. Oktober 1916 
In der Sitzung vom 27. Oktober 1916 hatte die Reichsregierung zunächst auf sechs 
kleine Anfragen Rede und Antwort zu stehen. Gleich die erste Anfrage, die sich 
auf die Prüfung der Anwärter für den Konsular- und diplomatischen Dienst 
bezog, brachte die Regierung in einige Verlegenheit. Der Unterstaatssekretär Zimmer 
mann erklärte zwar, daß man im Auswärtigen Amt bereits im Jahre 1914, dem 
Wunsche des Reichstages gemäß, neue Bestimmungen ausgearbeitet habe, daß der Krieg 
aber die Durchführung neuer Einrichtungen verzögert habe. Und als er dann hinzu 
fügte, daß man „auch wertvolle Erfahrungen" gemacht habe, die man bei einer Reform 
nicht unberücksichtigt lassen dürfe, und von „Vorarbeiten" und „Nachprüfung" sprach,
	        
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