Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

Kundgebungen und Personalien 
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gefährlicher Weise beeinflußt hätten; heute aber hätten fie offen, redlich und feierlich 
kundgetan, daß die Auffassung der Nationalisten die richtige sei; denn der katholische 
Minister Meda habe deren Anschauungen vollständig zu der seinigen gemacht. Eine der 
Folgen dieser neuen Auffassung bestehe darin, daß die Meinung, als sei der gegen 
wärtige Krieg im wesentlichen ein Werk der Freimaurer, nun verschwinden und ohne 
Einschränkung der Ueberzeugung Platz machen werde, daß es stch um einen wahrhaft 
nationalen Kamps handle. 
Die Organe der klerikalen Partei Italiens dagegen haben die Rede entweder mit 
Stillschweigen übergangen oder von derselben nur sehr abgeschwächte Auszüge veröffent 
licht. Auch der „Osservatore Romano", das offizielle Organ des Vatikans, nahm Stel 
lung zu derselben. Finanzminister Meda habe in seiner Rede nur seine persönliche 
Meinung zum Ausdruck gebracht. Die Katholiken Italiens müßten aufrichtig wünschen, 
daß die Feindseligkeiten aufhörten und eine Friedensära anbreche, gegründet auf Gefühlen 
der Brüderlichkeit und des gegenseitigen Wohlwollens. Die Rede Medas sei weit ent 
fernt von diesen Gefühlen und entspräche nicht den Tatsachen. 
Ministerpräsident Boselli in Mailand am 8. Oktober 1916 
Der Besuch des Ministerpräsidenten Boselli in Mailand wurde, wie der „Neuen Zürcher 
Zeitung" (9. X. 16) geschrieben worden ist, zu einem eigentlichen Volksfest. Boselli wurde 
von einer großen Volksmenge am Bahnhof erwartet und nach dem Hotel begleitet, wo 
er vom Balkon aus eine Ansprache hielt. Er dankte für den begeisterten Empfang und 
versicherte zum Schluß, das Lied „Hinaus aus Italien, hinaus mit den Fremden" werde 
bald zur Volkshymne der vollständigen Befreiung werden. In seiner eigentlichen Rede 
im Scalatheater betonte Boselli sodann einleitend die Siegeszuversicht des Volkes, um dann 
die Leistungen der italienischen Kriegsindustrie zu verherrlichen. Italien produziere heute 
in einem Monat so viele Kanonen wie früher in einem Jahr; die Fabrikation der 
Maschinengewehre habe sich versechshundertfacht und die Munitionserzeugüng habe 
hundertzehnmal zugenommen. In 1700 Fabriken und Werkstätten arbeiteten heute 
425 000 Jndustriesoldaten, darunter 45000 Frauen, für den Sieg; Mailand habe an 
diesem gewaltigen Aufschwung besonderen Anteil genommen. Die finanzielle Rüstung 
stehe hinter der industriellen nicht zurück; denn das italienische Volk habe bis heute 
Schatzscheine im Betrag von 2V- Milliarden Lire gezeichnet. Mit frenetischem Beisall 
und patriotischen Liedern wurde die Versammlung geschloffen. Nachher stattete Boselli 
der Präfektur und der Gesellschaft Dante Alighieri einen Besuch ab. Das Empfangs 
komitee hatte einen öffentlichen Protest erlassen, weil sich der sozialistische Stadtrat beim 
Empfang nicht vertreten ließ. 
Minister Bissolati in Cremona am 29. Oktober 1916 
Bei einer Feier zum Andenken Battistis in Cremona hielt Minister Bissolati 
am 29. Oktober 1916 eine Rede, in der er u. a. die italienischen Katholiken angriff, 
weil sie den Krieg Italiens verdammten, aber nicht den Krieg Deutschlands und Oester 
reichs. Daraus kam Biffolati auf die Beschlagnahme des Palazzo Venezia zu sprechen, 
richtete dabei an die Adreffe des Vatikans wenig liebenswürdige Worte und fuhr dann fort: 
„Der Sieg kann nur mit der Befreiung der von Oesterreich unterjochten italienischen Gebietsteile, 
mit der Wiederherstellung Belgiens und Frankreichs und der Unabhängigkeit Serbiens und mit der 
Befreiung der Rumänen vom magyarischen Joche als erreicht angesehen werden. Alles dieses wird 
mit dem Siege kommen, aber dies ist nicht der ganze Sieg. Der ganze Sieg besteht in der Be 
freiung Europas und der ganzen Welt von neuen hinterlistige» Anschlägen. Wir wollen weder die 
Existenz noch die Unabhängigkeit des deutschen Volkes antasten, denn dieses ist eine Realität, die
	        
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