Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

Rußland während des fünften 
Kriegshalbjahres 
Von August 1916 bis Februar 1917 
Fortsetzung von Band XVI, Seiten 267 bis 316 
Die fünfte Kriegötagung der Duma I: 
Bis zum Sturze des Ministerpräsidenten Stürmer 
Vom 14. bis zum 23.November 1916 
Laut „Rjetsch* vollzog stchdieEröfsnungderReichsdumaam14. November 1916 
unter ungeheurem Andrang. Der Zar, dessen Erscheinen bei der vorigen Session Auf. 
sehen erregte, hatte diesmal eine Reise nach Kiew unternommen. Dagegen erschien Mi 
nisterpräsident Stürmer an der Spitze des Ministeriums, verließ jedoch den Saal nach 
der Rede des Dumapräsidenten Rodzianko. 
Nach einem Stockholmer Bericht der „Frankfurter Zeitung* (22. XI. 16) trug die 
Sitzung, trotzdem die Zensurlücken in den Blättern nur die patriotische Gesamtstimmung 
hervortreten ließen, einen gewissen Fiebercharakter, der dadurch begreiflich war, daß die 
am vorhergehenden Tage stattgefundene Beratung desprogressivenBlocks über 
die gemeinsam abzugebende Erklärung äußerst erregt und nach der Meinung des „Rjetsch* 
geeignet war, den Gegnern in der Duma besondere Freude zu machen. Die Semstwo- 
Oktobristen waren in der Vorbesprechung für eine besonders scharfe Faffung eingetreten, die 
Zentrumsgruppe verhielt sich unentschieden und beschloß erst im letzten Augenblick, von 
dem beabsichtigten Austritt aus dem Block Abstand zu nehmen. Am Ende der Erörterungen 
erklärte die Fraktion der Progressisten, unter Führung von Jefreimow Kono- 
walow Rshewski, einstimmig ihren Austritt aus demBlock (vgl. XIII, S. 245). Nach 
dieser aufsehenerregenden Lösung beeilten sich sowohl Schidlowski wie Miljukow der 
Presse mitzuteilen, daß die Progressisten schon längere Zeit an den Arbeiten des Blocks 
nicht mehr teilgenommen hätten, ihr Austritt daher, obgleich nunmehr der Block etwas 
weniger als die Hälfte der Gesamtzahl der Dumamitglieder ausmache, nicht den Zerfall 
des Blocks bedeute, da dieser aus die Unterstützung von rechts oder links rechnen könne. 
Der Block umfaßte nunmehr nur noch 5 Fraktionen, die progressiven Nationalisten, das 
Zentrum, die Semstwo-Oktobristen, die Links-Oktobristen und die Kadetten. 
Die Eröffnungssitzung der Reichsduma dauerte 4 Stunden; sie war ausschließlich 
ausgefüllt mit Erklärungen der Parteiredner. Die Reden Miljukows, des Arbeiter 
führers Kerenski und des Sozialdemokraten Tscheidse durften im Wortlaut nicht ver 
öffentlicht werden; dem letzteren wurde das Wort entzogen. Selbst die Rede Rodziankos 
ist stark zensiert worden; er sagte u. a.: „Der Feind ist bereits niedergeworfen, aber er 
leistet noch mit verzweifelter Erbitterung Widerstand und fühlt seine Niederlage vor 
aus,* und forderte dann auf, in diesem Augenblick, da sich der Sieg vorbereite, noch größere 
Anstrengungen zu machen, um die große Sache der Befreiung der Welt zu einem guten 
Ende zu führen. Der Präsident schlug der Reichsduma vor, Rumänien, den neuen Ver 
bündeten, herzlich zu begrüßen, woraus alle Abgeordneten dem rumänischen Gesandten 
lebhaft zuriefen und den Vertretern der alliierten Länder Kundgebungen darbrachten. 
In seiner Rede fortfahrend, sagte Rodzianko: „Rußland wird seine Alliierten nicht ver 
raten und mit Entrüstung jeden Gedanken an einen Sonderfrieden zurückweisen.* 
Die Erklärung des Blocks verlas Schidlowski. Sie beginnt mit den Worten: 
„Die Duma tritt zusammen in den Tagen schwerer Prüfung und einer unruhigen öffent-
	        
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