Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

224 Die Ereignisse an der Ostfront im fünften Kriegshalbjahr 
Von allgemeinem Interesse ist auch die ungefähr gleichzeitig bekanntgegebene Verordnung über die 
Organisation der jüdischen Religions gesellsch aften in Warschau. 
9. Dezember 1916. 
Durch eine Verordnung des Generalgvuverneurs v. Beseler wird eine polnische Land es - 
darlehnskasse errichtet und gleichzeitig eine Aenderung der Währungsoerordnung 
sowie eine Verlängerung des Bankmoratoriums angeordnet. 
Mit der Errichtung der neuen Landesdorlehnskaffe in Warschau sind die langen Verhandlungen 
abgeschloffen worden, die in Berlin und Warschau zwischen den maßgebenden Kreisen der Reichs 
finanzverwaltung, den deutschen und polnischen Banken geführt wurden. Nach der belgischen Noten 
bank, nach der Darlehnskaffe-Ost der Ostbnnk für Handel und Gewerbe in Posen für das Gebiet 
des Oberbefehlshabers Ost, wurde damit auch für Polen ein Bankinstitut mit dem Recht der Noten 
ausgabe geschaffen, und zwar, wie es in den Bestimmungen ausdrücklich heißt, nicht nur für das 
Gouvernementsgebiet Warschau, sondern auch für das österreichisch-ungarische Besatzungsgebiet, sobald 
die Verhandlungen mit den dortigen Behörden abgeschloffen sind. Dabei handelte eS sich, wie die 
„Frankfurter Zeitung" (4.1.17) schrieb, um einen Kompromiß. 
Man hat nämlich auf der einen Seite an der Form der Darlehnskaffe festgehalten, auf der anderen 
Seite jedoch dem polnischen Wunsch nach Ausbau der bisherigen Rubelwährung nicht stattgegeben. 
Es wurden vielmehr Kassenscheine ausgegeben, die auf polnische Mark — im Werte gleich der deutschen 
Mark —- lauten, und von der deutschen Regierung in deutscher Währung garantiert werden. Hatte 
man also sowohl in Belgien wie im benachbarten Gebiet Ober-Ost in erster Linie wohl in Rücksicht 
auf die, neuen Geldsorten nur schwer zugängliche Landbevölkerung die bisherige Landeswährung bei 
behalten, so wählte man hier statt Rubel und Gulden — auf dem Land rechnet auch jetzt noch alles 
in Gulden — die landfremde Markwährung und schuf damit nicht nur eine neue Geldsorte, sondern 
einen neuen Anreiz zur Uebersteigung des Rubelkurses, da das sowieso schwächere, weil unbeliebte 
Geld nun in vermehrten und weiter vermehrbaren Umlauf gesetzt wurde. 
Die Proklamationen zur Bildung eines selbständigen polnischen 
Staates und eines polnischen Heeres 
5. November 1916. 
Folgendes Manifest wurde durch den Kaiserlichen Generalgouverneur in Warschau, General 
d. Inf. v. Beseler, verkündigt: 
„An die Bewohner des Generalgouvernements Warschau! 
Seine Majestät der Deutsche Kaiser und Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich und Aposto 
lischer König von Ungarn, getragen von dem festen Vertrauen auf den endgültigen Sieg ihrer 
Waffen und von dem Wunsch geleitet, die von ihren tapfern Heeren mit schweren Opfern der russischen 
Herrschaft entrissenen polnischen Gebiete einer glücklichen Zukunft entgegenzuführen, sind dahin über 
eingekommen, aus diesen Gebieten einen selbständigen Staat mit erblicher Monarchie 
und konstitutioneller Verfassung zu bilden. Die genauere Bestimmung der Grenzen des 
Königreichs Polen bleibt vorbehalten. Das neue Königreich wird im Anschluß an die beiden ver 
bündeten Mächte die Bürgschaft finden, deren es zur freien Entfaltung seiner Kräfte bedarf. In 
einer eigenen Armee sollen die ruhmreichen Ueberlieferungen der polnischen Heere früherer 
Zeiten und die Erinnerung an die tapferen polnischen Mitstreiter in dem großen Krieg der Gegen 
wart fortleben. Ihre Organisation, Ausbildung und Führung wird in gemeinsamem Einvernehmen 
geregelt werden. 
Die verbündeten Monarchen geben sich der zuversichtlichen Hoffnung hin, daß sich die Wünsche 
nach staatlicher und nationaler Entwicklung des Königreichs Polen nunmehr unter gebotener Rück 
sichtnahme auf die allgemeinen politischen Verhältnisse Europas und auf die Wohlfahrt und Sicher 
heit ihrer eigenen Länder und Völker erfüllen werden. 
Die großen westlichen Nachbarmächte des Königreichs Polen aber werden an ihrer Ostgrenze einen 
freien, glücklichen und seines nationalen Lebens frohen Staat mit Freuden neu erstehen und auf 
blühen sehen. 
Auf Allerhöchsten Befehl Seiner Majestät des Deutschen Kaisers Der Gouverneur." 
Eine Kundgebung gleichen Inhalts wurde gleichzeitig von dem K. u. K. Militärgouverneur in 
Lublin, Feldzeugmeister Kuk, bekanntgegeben.
	        
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