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Di« innere deutsche Politik im fünften Kriegshalbjahr 111 
ausschuffes für die Kriegsgesellschaften beantragt worden war. Man sah darin eine 
antisemitische Tendenz, und da die Bewegung dagegen immer größere Kreise zog, so 
ließ man schließlich die ganze Angelegenheit fallen. Nicht geringes Aufsehen hatte eine 
geheime Verfügung des preußischen Kriegsministeriums hervorgerufen, wonach Dissiden 
ten von der Beförderung zu Offizieren ausgeschlossen sein sollten. Das Kriegsministerium 
gab im Reichstage schließlich eine entgegenkommende Erklärung ab (vgl. S. 31). Einen 
breiten Raum nahmen im Reichstage auch die Verhandlungen über die Mißftände aus dem 
Gebiet der Zensur und der Ernährung ein (vgl. S. 28s. und 32). 
Ueber die Finanz- und Steuersragen, die der Reichstag in diesem Halbjahre 
zu beraten hatte, ist an anderer Stelle (vgl. S. 28 und 47) berichtet worden. Ebenso über 
das Gesetz für den vaterländischen Hilfsdienst, bei dem sich der Reichstag durch 
die Bildung eines besonderen Ausschusses ein dauerndes Kontroll- und Mitbestimmungs 
recht sicherte (vgl. S. 68 u. 39 s.). Auch in anderer Hinsicht hatte der Reichstag seine 
Kontrolle recht erweitert. Am 19. Dezember 1916 trat zum erstenmal der Reichstags 
ausschuß zur Prüfung der Kriegslieferungsverträge zusammen. 
Ein sehr wichtiges Gebiet, das mit der großen Menscheneinbuße verbunden war, 
die der Krieg mit sich brachte, betraf die Bevölkerungspolitik. Innerhalb der 
Reichs- und der preußischen Regierung wurden umfangreiche Vorbesprechungen ein 
geleitet, an denen Sachverständige, Parlamentarier und andere mehr teilnahmen. Dem 
bedenklichen Geburtenrückgänge gedachte man aus verschiedenen Wegen entgegen zu treten: 
Durch Verbesserung des Wöchnerinnen- und Mutterschutzes, durch Reform des Hebammen 
wesens, durch schärfere Bekämpfung oder Kontrolle der Empfängnis verhütenden Mittel 
und endlich durch energischen Kampf gegen die Geschlechtskrankheiten. 
Man muß in diesem Zusammenhang auch wenigstens einen Seitenblick aus die inner 
politische Gestaltung in den Bundesstaaten werfen, in denen sich mehr und 
mehr die Kriegseinflüsse bemerkbar machten. Typisch ist dafür Preußen. Der preußische 
Etat für das Jahr 1917, der im Januar desselben Jahres dem Landtage vorgelegt wurde, 
überschritt zum ersten Male die fünfte Milliarde Mark. Für den Wiederaufbau Ost 
preußens waren bis zum Oktober 1916 690 Millionen Mark verausgabt. Die zur Unter 
stützung der Gemeinden für ihre Ausgaben auf dem Gebiete der Wohlfahrtspflege von 
der Regierung bereit gestellten Mittel bezifferten sich Ende 1916 auf 310 Millionen Mark, 
zu denen im neuen Etatsjahre 200 Millionen Mark hinzukamen. Auf die Einkommensteuer 
wurden Zuschläge erhoben. Eine besondere Fürsorge wendeten die gesetzgebenden Faktoren 
der Wohnungsfrage zu. Dem Landtage wurde ein Wohnungsgesetz vorgelegt, deffen 
Ursprung allerdings schon Jahre zurücklag, ferner ein Bürgschaftsstcherungsgesetz und 
endlich ein Schätzungs- und Stadtschastengesetz. In dem Bürgschaftssicherungsgesetz 
stellte der Finanzminister 10 Millionen Mark zur Förderung der Herstellung gesunder 
Kleinwohnungen bereit. Von dem Gelde sollte die Bürgschaft für zweite Hypotheken namens 
des Staates übernommen werden. Die Hypothek mußte von anderer Seite bei gemein 
nützigen Bauvereinigungen unter Ausschluß der Kündbarkeit auf die Dauer von mindestens 
10 Jahren gewährt werden. Während diese 4 Wohnungsgesetzesvorlagen vom Landtage, 
wenn auch nach langwierigen Verhandlungen, verabschiedet wurden, scheiterte eine Fidei- 
kommißvorlage,die unter anderem auch das Fideikommißsystem auf bäuerliche Grund 
stück« ausdehnte. 
In Schulsragen kam die Regierung den Wünschen der Linken zunächst nur einen 
keinen Schritt entgegen, indem eine neue Verordnung des Kultusministers den Volks 
schülern den Uebergang in die höheren Schulen erleichterte. Von nicht geringem In 
teresse waren die Mitteilungen des Ministers über den Schulbetrieb während des 
Krieges. Er erwähnte, daß bereits Tausende von Lehrern gefallen seien, die Lücke sei