Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

98 Das Deutsche Reich während des fünften Kriegshalbjahres 
des Großadmirals von Köster, des Grafen Zeppelin und des Fürsten Bülow, daß in 
einem Kampfe, in dem es um die Existenz des Deutschen Reiches geht, die rücksichts 
loseste Anwendung aller Kampfmittel geboten ist. Das ist eine Frage, die nicht aus 
der Erwägung des Volkes heraus kommt." In Hamburg und in Lübeck taten sich 
alle möglichen Vereine und hervorragende Einzelpersönlichkeitcn zusammen, um in Auf 
rufen England als den Feind zu bezeichnen, dessen Macht nur unter Einsetzung aller 
Waffen gebrochen werden könne. Der bekannte Generaldirektor der Hamburg-Amerika- 
Linie, Ball in, schrieb in einem Brief an den nationalliberalen Reichstagsabgeordneten 
Dr. Strcsemann dagegen: „Ich habe immer geglaubt und glaube es auch noch, daß 
es in der Welt Raum genug für uns und England gebe und einige andere Mächte 
dazu." Aber er fügte hinzu: „In Hamburg wünscht jeder, — und ich voran — daß 
England sobald wie möglich gezwungen wird, einen Frieden zu schließen, der für uns 
ehrenvoll und gerecht ist, und der uns die politische Bewegungsfreiheit sichert, die wir 
seit Bismarcks Tod mehr und mehr eingebüßt haben. Mit welchen Mitteln dieses 
heißersehnte Ziel zu erreichen ist, darüber steht mir ebensowenig wie einem anderen 
Privatmann ein abschließendes Urteil zu. Das mag Sache bleiben der verantwortlichen 
Männer, zu denen Gott sei Dank jetzt auch Hindenburg und Ludendorff gehören." 
In der Agitation für den verschärften II« Bootkrieg spielte auch eine geheime 
Denkschrift des Admiralstabes eine eigenartige Rolle. In dieser Denkschrift 
wurde unter anderem an Hand aller möglichen statistischen Berechnungen über die 
Nahrungsmittelzufuhr nach England gesagt, daß ein verschärfter U-Bootkrieg England 
in 6 Monaten auf die Knie zwingen würde, und mit diesem Argument ist denn auch immer 
wieder andeutungsweise in der Agitation gearbeitet worden. Am 7. Oktober 1916 sah sich 
die Regierung veranlaßt, in ihrem Organ, der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung", 
zu erklären, daß es sich dabei nicht um eine vom Admiralstab ausgehende, sondern im 
Admiralstab bearbeitete, rein wirtschaftliche Denkschrift handle. Die Arbeit sei dann 
als Denkschrift des Admiralstabes unter der Hand auszugsweise in einer großen An 
zahl von Exemplaren verbreitet worden und zwar zusammen mit einer vom Reichs 
kanzler eingeforderten, gleichfalls als geheim bezeichneten Aeußerung des Staatssekretärs 
Dr. Helfferich und der Gegenäußerung des Verfassers der Denkschrift, jedoch ohne die 
hieraus wieder erfolgte Schlußäußerung des Staatssekretärs. Die Verbreitung der Denk 
schrift unter der Hand wurde vom Admiralstab mißbilligt. 
Im Reichstage wurde gleich daraus die II-Bootsrage eingehend behandelt. Der 
Hauptausschuß, der dies in vertraulichen Sitzungen tat, konnte aber zu keiner Einigung 
kommen. Er legte dem Plenum des Parlaments schließlich folgenden Beschluß vor: 
„In eingehenden Beratungen hat sich der Ausschuß mit der Frage des Unterseebootkrieges befaßt 
und es haben sich daran Mitglieder aller Fraktionen und die Vertreter der verbündeten Regierungen 
beteiligt. Alle marinetechnischen, militärischen, wirtschaftlichen und politischen Gesichtspunkte wurden 
gründlich geprüft und gewürdigt. Die Verhandlungen standen unter dem Eindruck der hohen Be 
deutung der Angelegenheit und waren allseitig getragen von rein sachlichen Erwägungen und dem 
Bestreben, dem vaterländischen Jntereffe zu dienen. Eine Einigung war im Ausschußnich> 
zu erzielen. Er verzichtete auf eine Beschlußfassung. Für die Verhandlungen dei 
Plenums empfiehlt der Ausschuß, von einer Besprechung deS Unterseebootkrieges abzusehen. Ei 
geschieht dies in der Erwägung, daß eine eingehende Behandlung der marinetechnischen, militärische», 
wirtschaftlichen und politischen Einzelheiten ohne Schädigung der vaterländischen Jntereffe» nicht 
möglich ist, daß andererseits aber ohne eine erschöpfende Behandlnng der Sache eine volle Aufklärung 
nicht erzielt werden kann. Diese Empfehlung für die Art der Behandlung im Plenum erfolgte im 
Wege der Abstimmung mit 24 gegen 4 Stimmen im Ausschuß." 
Alle diese Erörterungen wurden zunächst durch die Verkündung des «nein 
geschränkten II.Bo otkrieges am 31. Januar 1917 abgeschnitten. Die Deutsche
	        
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