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92 Das Deutsche Reich während des fünften Kriegshalbjahres 
daß endlich aus der Versammlung heraus der Zwischenruf fiel, man müsse ihn über 
den Haufen schießen! Worauf der betreffende Redner meinte, so weit gehe er 
nicht, er gönne ihm ein langes Leben, aber er solle es in Hohenfinow zubringen, und 
nicht in der Wilhelmstraße. Es war übrigens dieselbe Versammlung, die aus diese und 
andere Reden hin beschloß, um Rettung auS der Not das Haus Wittelsbach 
anzuflehen und zu dem Zweck eine Deputation an den König von Bayern 
zu schicken, (vgl. S. 82 und 80). Uns liegen über diese Versammlungen drei voneinander 
unabhängige und übereinstimmende Berichte vor, wir haben aber vorerst keine Lust 
diese Pandorabüchse jetzt weiter zu öffnen.* 
Zu einer ähnlichen provokatorischen Kundgebung gestaltete sich eine Versammlung, die der 
»Unabhängige Ausschuß* unter Professor Schäfer Mitte Oktober 1916 im Abgeordneten 
hause zu Berlin veranstaltete. Diese Versammlung war vielleicht von etwa 300 Ver 
trauensmännern aus dem ganzen Reiche besucht. In mitunter recht leidenschaftlichen 
Reden wurde Kritik an der Reichsleitung geübt. Die Stimmung steigerte sich jedesmal 
zum lebhaftesten Beifall, wenn die Angriffe besonders heftig wurden. Dem Kanzler wurde 
jegliches Vertrauen gekündigt. Als dann aber der Großindustrielle Geheimrat Duis- 
berg angab, daß er im Aufträge Hindenburgs gekommen sei, um dem „Unabhängigen 
Ausschuß" mitzuteilen, daß Hindenburg ihn bitte, alle Agitation für die Verschärfung 
des U-Bootkricges zu unterlassen, wollte die allgemeine Stimmung umschlagen. Da 
aber gelang es dem Grafen Reventlow, nach einem Berichte der „Germania,* durch 
einige geschickte Sätze die Wirkungen dieser Absage Hindenburgs zu paralysieren. Er 
stellte fest, daß Hindenburg mit der Bitte an den Ausschuß allerdings seine Ueber 
zeugung ausgesprochen habe; daß er aber eine solche Ueberzeugung habe, sei die Schuld 
des Kanzlers. Die Gründe seien natürlich keine anderen, als die Befürchtung, daß noch 
einige Neutrale, vor allem Amerika, sich unseren Gegnern anschließen würden. Diese 
Befürchtungen seien jedoch typisch für die Schwäche unserer Reichsleitung, und darum 
könne man immer nur wieder zu dem Schluß kommen, daß der Kampf gegen die Reichs- 
leilung fortgesetzt werden müsse. Die Reichsleitung gäbe Hindenburg falsche Voraus 
setzungen, und wie er, Graf Reventlow, annähme, bewußt falsche Voraussetzungen, um 
ihr Endziel, die Wiederannäherung an England, nicht zu gefährden. Der am besten 
gangbare Weg für die Arbeit des Ausschusses sei deshalb der, dafür zu sorgen, daß 
der Obersten Heeresleitung Material unterbreitet werde, das sie dem von dem Reichs 
kanzler erhaltenen Material entgegensetzen könne. Er glaube annehmen zu dürfen, daß 
solches Material der Obersten Heeresleitung willkommen sein würde. Im übrigen wurde 
in dieser Versammlung auch dem stellvertretenden Reichskanzler Dr. Helfferich der Kampf 
angesagt, da er der eigentliche Urheber der „englandsreundlichen* Haltung der Reichs 
regierung sei. 
Einen weiteren Vorstoß unternahmen die Konservativ-Alldeutschen auf dem Umweg 
über den sächsischen Landtag. Anfang Oktober 1916 ging der zweiten sächsischen 
Kammer eine mit vielen Unterschriften bedeckte Petition zu, in der verlangt wurde, 
beide Kammern möchten einen gemeinsamen Ausschuß einsetzen und die Minister des 
Innern und Aeußern ersuchen, vor diesem Ausschuß die Gründe zu entwickeln, aus 
denen die sächsische Regierung der Politik des Reichskanzlers zustimme. Die Stände 
kammer sollte vor der Staatsrcgierung erklären, doß sie die bisherige auswärtige Politik 
des Reichskanzlers als dem Interesse des Reiches schädlich erachte, und sollte die Regierung 
auffordern, allen ihren verfassungsmäßigen Einfluß im Bundesrat und darüber hirurus, 
aber auch ihren auf langjährige Freundschaft und Bündnis begründeten Einfluß bei den 
Regierungen der einzelnen Bundesstaaten aufzubieten, um unverzüglich die rücksichtslose 
Durchführung sowohl des Unterseeboot- wie des Luftschiffkrieges gegen England zu