Volltext: Der Völkerkrieg Band 13 (13 / 1918)

294 Italien und der Vatikan während des fünften Kriegshalbjahres 
wie seit unserem Eintritte in den Krieg gegen Oesterreich die deutsche Regierung sicherlich voraussah, 
daß der europäische Konflikt, der sich in die Länge zog, unvermeidlich zum Kriegszustand zwischen 
Italien und Deutschland führen mußte. DaS ist bewiesen durch die wörtliche Erklärung über die 
Anwesenheit deutscher Truppen inmitten der österreichischen Truppen, die gegen Italien kämpften, 
und durch die Tatsache, daß das italienisch-deutsche Abkommen vom 21. Mai 1915 gerade auf die 
Anregung Deutschlands hin in Voraussicht des Kriegszustandes abgeschlossen worden ist. Die wenig 
aufrichtige Durchführung dieses Abkommens durch Deutschland hat nicht einmal andauern können 
bis zum Tage der Erklärung der Feindseligkeiten. Die italienische Regierung hat während mehr alS 
eines JahreS die fortwährende Anwesenheit militärischer Hilfskräfte Deutschlands in Oesterreich und 
zahlreiche feindselige Handlungen Deutschlands erduldet. Es war ein Rechtszustand, der mit dem 
faktischen Zustande in Widerspruch stand. AlS dieser Widerspruch zu heftig wurde, haben wir eS für 
richtig gehalten, daß unsere Würde, die Erfordernisse der Lage und unsere Pflichten gegenüber unseren 
Verbündeten uns auferlegten, der Zweideutigkeit und den Ausflüchten ein Ende zu machen. 
Man hat in der italienischen Presse und in der ausländischen Presse viel über die künftige Lage 
im Adriatischen Meer gesprochen, dank auch der tätigen Propaganda, deren Ursprünge auf ver 
ständliche Manöver deS Feindes zurückzuführen sind. Aber für unS und unsere Verbündeten steht 
diese Angelegenheit außer Frage. Der gewünschte Endsteg wird uns die Herrschaft im Adriatischen 
Meer sichern. Wir sehen voraus und wünschen für die Zukunft ein regeS vertrauensvolles und 
herzliches Zusammenwirken Italiens mit Serbien und Montenegro auf politischem und auf 
wirtschaftlichem Boden. Die Forderungen dieser tapferen Völker sowie die Forderungen Belgiens 
stellen ein edles und wesentliches Ziel unseres Krieges dar. Durch Entsendung von Kontingenten 
unserer Truppen zur Teilnahme an der Unternehmung von Saloniki entsprachen wir dem Programm 
der Eintracht und der vollkommenen Einheit deS Handelns mit unseren Verbündeten. 
Die Mittelmeer-Jnteressen Italiens waren stets Gegenstand unserer regen Aufmerksam 
keit. Italien ist vorwiegend eine Mittelmeermacht. Auf diesem Meer liegt die Bahn zu seiner Zukunft. 
Wir trachten nicht nach der Vorherrschaft, sondern nur nach dem Gleichgewicht der Kräfte alS der 
notwendigen Bedingung für Frieden und Wohlfahrt. Wir hegen die feste Zuversicht, daß die aus 
dem Siege sich ergebende internationale Lage diese- Gleichgewicht im östlichen Mittelmeer gewähr 
leisten werde, denn dasselbe bildet einen Pfeiler der italienischen Politik. Die nämlichen erhabenen 
wirtschaftlichen und politischen Bedingungen unserer Zukunft bilden den Grund für den Umfang, 
der den militärischen Operationen auf der Front von Valon a gegeben wurde. Diese letztere wird den 
Riegel unserer strategischen Lage an der Adria bilden und den Ausgangspunkt unserer künftigen 
regen kommerziellen Expansion auf der südlichen Balkanhalbinsel. 
Der Konflikt in Griechenland wurde beigelegt. Wir hegen die Zuversicht, daß man in 
Zukunft größere Komplikationen wird vermeiden können. Es kommt unS nicht in den Sinn und 
es ist nicht unser System (und wir gehen hierin mit unseren Verbündeten vollständig einig), die 
zum Kriege zu zwingen, die nicht daran teilnehmen wollen. 
Vor unserem Kriege, im Jahre 1915, hatten Frankreich und England in P etersbürg ihre volle 
Zustimmung erklären lassen, daß in dem künftigen Friedensvertrag Konstantinopel Rußland zufallen 
solle mit Garantien für die Freiheit der Meerengen. Wir haben unS später dieser Erklärung an 
geschlossen, da wir die Berechtigung der Jahrhunderte alten Pläne unserer tapferen Verbündeten an 
erkennen. WaS Polen anbetrifft, so hat Italien gleichwie seine Verbündeten daS Vorgehen deS Kaisers 
von Rußland beifällig begrüßt, als er vor kurzem die bezüglich der Einheit und der Autonomie aller 
polnischen Völkerschaften verheißenen Garantien abermals bestätigte. Die Zentralmächte bestätigen 
im Gegenteil die Zerstückelung Polens, und sie verletzen das Völkerrecht, indem sie die Tatsache 
einer militärischen Besetzung in der Weise umändern, daß sie eine Verschiebung der Oberhoheit 
vornehmen, wobei sie durch einen unglaublichen Mißbrauch ihrer Gewalt daS polnische Volk zwingen, 
gegen einen Staat zu kämpfen, dem dieses Volk als Glied von Rechts wegen zugehört. Wegen 
dieser Tatsachen hat die italienische Regierung mit ihren Verbündeten bei den neutralen Staaten 
formell Protest eingelegt. 
Andererseits schafft das Reich, daS Belgien materiell besetzt hält, in unmenschlicher und ge 
walttätiger Willkür neues Leid in diesem Volke durch die Massen deportationen und durch die Zwangs 
arbeit, die von den Siegern den Besiegten außerhalb ihres Heimatbodens aufgenötigt wird. Die 
belgische Regierung hat unS diese Rückkehr zu den Gebräuchen alter barbarischer Zeiten gemeldet.
	        
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