trnste und Keltere Lnnnerungen an die INaitage 191ö1]
Don Oberleutnant i. d. Bef. Ingenieur franj Doootny
In diesen Zeilen soll nicht von hochgemuten laten ein-
jelner Kämpfer, sondern von kleinen, harmlosen Episoden aus
den unvergeßlichen Mai- und Zunitagen erzählt werden.
Nach der Erstürmung des Monte Loston und des Cofton
d' prsiero, sowie der Defehung der von den Italienern ge¬
räumten höhen bis zu den lonezzafpihen, dem paffo della
Denn und Monte Melignone war das Regiment „Reffen"
Reserve bei der Malga Melignone und Raito Befiele, während
die „Fünfziger" vorne in der Stellung standen, Eifrig werkte
das Regiment mit krampen und Schaufel an der Fahrbar-
machung des Karrenweges für die schwere prtillerie, der von
der Malga Seconda posto zum paffo desto Denn führte,
lrübe und neblig war das Metier und das Steineklopfen be¬
hagte den „Dierzehnern" aber schon gar nicht.
Ingrimmig hieben ste auf die widerspenstigen Steine und
wickelten sich. Schuh suchend vor dem im dichten Nadelwald
hängenden Nebel und der beißenden Nässe, in ihre Mäntel,
stuf einmal ging die Kunde, der Ihronfolger werde auf dem
„Heffen-Rainer-Weg", wie die neue Straße benannt wurde,
in die Stellung zu den „Fünfzigern" hinausfahren, was nur
irgend konnte, sammelte sich längs des Weges, und brausende
Hochrufe begrüßten den jugendlichen Erzherzog-korpskom-
mandanten, der sich in den lagen der Offensive die herzen der
fjeffen im Sturme erobert hatte. Sie waren unsagbar stolz
auf ihren Korpskommandanten, die fjeffen und Rainer: bereit,
mit lad und leufel zu Kämpfen, um ihm zu zeigen, daß er
sich auf sie auch in härtester Stunde verlassen könne, so wie
es ja vor einigen lagen auf dem Cofton und dem Cofton
d' prsiero geschehen. Der Zubel der begeisterten Soldaten er¬
reichte seinen Höhepunkt, als plöhlich vom paß her die
Dolkshymne hörbar wurde. Die Ungarn hatten ihre Regi¬
mentsmusik in der vordersten Cinie und diese spielte im pn-
gesicht des Segners beim eintreffen des lhronfolgers das
kaiferlied. Dazwischen ertönten die Eljen-Rufe der Dakas.
5s waren ganz verfluchte Kerle, die sich trauten, inmitten einer
vollständig unklaren Situation ihre Musik in der Leidwachen¬
linie, denn mehr war das Sanze nicht, spielen zu lassen. Freu¬
digen Herzens mag wohl der künftige Kaiser diese einzig¬
artige Via triumpkalis durchfahren sein.
*
Bus dem lonezzaplateau war es, in dem kleinen Weiler
Costa, da fanden die Regimentspioniere in einem Hause ein
altes weiblein einsam und verlassen von allen Menschen.
Nur einige Hühner und lauben leisteten ihm Befellfchast.
Dieses alte, an einem Stock einherhumpelnde weiblein war
von der gesamten Bevölkerung der Dörfer des lonezza-
plateaus übriggeblieben. Diesteicht hatte sich die alte Lrau
bei der Flucht der Einwohner geweigert mitzuziehen, was
sollte man nun mit ihr beginnen? Sie mußte zurückgebracht
werden, in einem Orte des Etfchtales würde sie bei Dolks-
genoffen Unterkunft finden. In der Zeichensprache bekamen
die gutmütigen Hessen heraus, daß die alte Bäuerin Hunger
hatte, also teilten sie die Menage mit ihr und freuten sich, daß
es schmeckte. Das Regimentskommando erteilte die Erlaub¬
nis, daß die bedauernswerte „Befangene" auf einem lrain-
wagen nach Lolgaria befördert wurde. Die Hühner aber
wanderten als höchst erfreuliche Zubuße in den Kochkessel.
*
Beim Sturm auf die Stellungen des Monte Cimone am
25. Mai geschah es zum letzten Male, daß ein Baon —
i) ..Reichspost". 29. Mai 1936.
es war das des Hauptmannes v. puteang — mit allen
Offizieren vor der Front, voran der Baonskommandant mit
gezogenem Säbel in der Faust, die feindliche Stellung eroberte.
Die Nachricht von dieser lat verbreitete sich mit Blitzes-
fchnelle in der Division. Die tollkühne lat bezahlte der
Hauptmann v. puteang mit einer fast tödlichen kopfver-
lehung, ebenso wurden einige andere Offiziere schwer verleht.
Bber auch die Italiener — es waren Bbteilungen des 1. Bl-
piniregimentes — zeigten große Schneid. Bei einem Begen-
angriff auf der vollkommen deckungslofen werkstraße, die in
halber hohe des Berges führte, stürmten ebenfalls die Offi¬
ziere. ja sogar ein przt, an der Spitze der B>P>ni. B»e fielen
in heldenhafter Erfüllung ihrer Pflicht. Sieben Offiziere, in
ihrer Mitte der przt mit der Pistole in der verkrampften
Hand, lagen in einer Bruppe, hingemäht von der Barbe eines
Maschinengewehres, die über die Straße wegfegte und die
kühne lruppe vernichtete. Die Hessen haben ihren tapferen
toten Begnern tiefbewegt die letzte Ehre erwiesen.
*
Der Marsch nach prsiero war etwas ungemütlich. Der
Begner beherrschte mit seinen Kavernenbatterien vom Monte
Summano her vollständig das Becken von prsiero. Es gab
nur unfreiwillige Wettläufe von Deckung zu Deckung und es
war doch so prachtvoll, im italienischen Frühling zu wandern.
Man dachte nur an den Dormarfch, über dessen Cangfamkeit
so mancher den Kopf schüttelte, denn jeder war überzeugt,
daß es viel, viel rascher gegangen wäre. Die Begeisterung
trieb vorwärts, man wollte schon in der Ebene sein, sah man
doch vom Cimone die weiten Fluren Denetiens und an klaren
lagen den silbernen Schimmer des Meeres am Horizont. In
prsiero bot sich ein ergötzliches Bild, das alle Flüche in
schallende Heiterkeit wandelte, hinter der Kirche, deren
lurm von den Italienern durch einen guten lreffer gekappt
worden war, da sie auf ihm prtilleriebeobachter vermuteten,
hatte es sich eine Refervekompagnie der „Bakas" bequem ge¬
macht und in einer wohlgefchützten, uneingefehenen Ecke ein
recht ansehnliches Faß wein aufgestellt. In Ermangelung einer
Pipe hatte ein wohlgezielter Schuß für eine Dffnung gesorgt
und im lieblichen Bogen floß der Rotwein in die unermüdlich
untergehaltenen Menagefchalen. Zeder Dorbeikommende
durfte sich an der Quelle laben. Es war ein lebhaftes lreiben
auf dem kleinen Kirchenplatz, denn auch lfchechen vom Regi¬
ment 21, das aus dem pstachtale heraus vorgedrungen war,
fanden sich in dem in überstürzter Flucht geräumten kleinen,
entzückend gelegenen Städtchen ein und besuchten die Be-
fchäste und Magazine. Es gab da lauter gute Sachen, die
aber, durcheinander genoffen, schwere Derheerungen in den
Magen der Soldaten anrichteten. Später kamen die Hessen
durch und prtillerie und alle fanden noch ansehnliche Menage¬
zubußen. Das Idg» wurde von den Italienern nicht gestört,
da die pngreifer gewitzigt waren, sich in eingesehenen Räumen
blicken zu lassen, denn der Begner kannte keinen Spaß. Die
Summano-Batterie kläffte sofort wie ein wütender Köter.
*
In einem wafferriffe, der von den hängen der priafora
gegen prsiero führte, hatte das Regimentskommando der
„Hessen" seine Eaubhütten aufgestellt, weil es aus einem
hübschen Bauernhause hinausgeschossen worden war. Das
allzu rege kommen und Behen auf dem Hofe vor dem Hause
hatte den Begner aufmerksam gemacht, er vermutete augen¬
scheinlich ein höheres Kommando und nahm das nette Haus
unter wirksames Feuer, pn den feindwärtigen hang des
514