niedermachten, wenn sie sie einholten. Das Bewußtsein,
daß die Kosaken keine Snade kannten, gab den Vlessierten-
trägern schier übermenschliche Kräfte. £s ist ein hohes Lied
oberösterreichischer Kameradschaft, daß so die meisten ver¬
wundeten zurückkamen.
vie aber in die künde der Kosaken fielen, wurden nach¬
her. als es wieder zum Vormarsch kam, als Leichen gesunden.
Vaß man einzelne Leichen vollständig nackl fand, ist nur
ein Veweis für die einfach zügellose Roheit des Feindes.
Lade September hörte der Bewegungskrieg, der volle
fünf Monate angedauert hatte, auf und das Regiment
blieb im Abschnitte Vlgka—Vderadskij, einem fast völlig
dechungslosen Belände, im Stellungskrieg. Vamit begann
eine fleißige fitbeit in sanitärer Hinsicht. Unermüdliche flus-
dauer baute eine Stellung, an der der strengste Hggieniker
seine Freude haben konnte, peinlichste Sauberkeit im Sraben,
einwandfreie Mannschastsunterkünste, mustergültige Latrinen-
anlagen schufen die denkbar besten Vorbedingungen für
einen ausgezeichneten Sesundheitszustand. Vaß dieser aber
dennoch gerade um Weihnachten ein ungünstiger genannt
werden mußte, hatte seinen Srund darin, daß die Ver¬
pflegung eine Zeit lang schlecht und knapp war.
Vas Organisationstalent des Begimentschefarztes voktor
Kraft schuf in pokaszrzewo einen HilfsplaH, der viel besser
den Namen Krankenhaus verdient hätte. In fünf Objekten
sdrei Häuser und zwei große Vechungenj war ein Spital
errichtet, in dem mühelos 100 kranke in bequemer und
hygienisch einwandfreier weise untergebracht werden konnten,
flbgeschoben wurden nur solche kranke, bei denen eine lang¬
same Heilung oder eine lange dauernde Rekonvaleszenz zu
erwarten war. Um der Mannschaft die wohltat eines regel¬
mäßigen Bades zuteil werden zu lassen, wurden acht große
Krautbottiche zu Wannenmassenbädern gemacht.
In zwei Fahrküchen wurde lag und Rächt unausgesetzt
geheizt, um das für diesen Vadebetrieb nötige Warmwasser
zu haben. Für eine bessere Verpflegung der kranken hat
Vr. krafts weitschauender Blick gleich beim Beziehen der
Stellung gesorgt. 5r ließ die in reicher Menge aus den
herrenlosen sickern vorhandenen Kraut-, Rüben- und Kar¬
toffelvorräte sammeln und hatte so ganz aus eigenem eine
wohltuende verpslegszubuße für die kranken im Winter,
ja, er konnte damit auch in kritischer Zeit dem Proviant¬
offizier für die Kampftruppe beispringen.
flm Hilfsplcche in pokaszrzewo wurde auch, dem großen
Spitalsbetrieb entsprechend, wissenschaftlich gearbeitet. Unter
Vr. krafts fachmännisch bester Leitung wurde jeder lote
obduziert, was abgesehen von der diagnostischen Schärfung
des ärztlichen Blickes, besonders die Mediziner zum vanke
verpflichten mußte.
Begreiflicher weise waren in dem strengen russischen
Winter, der lemperaturen bis zu —30 Srad aufwies, Er¬
frierungen nicht ganz zu verhüten. Unter dem Einflüsse der
reichlichen Wärmemittel blieben sie aber in so mäßigen
Srenzen, daß damit die Verlustziffer des Regimentes nur
ganz unwesentlich belastet wurde.
Seit dem pfingsttage ISIS, da uns vor Rudnik am San
die Kunde von dem größten lreubruch der Seschichte zukam,
bestand im Hessenregimente bei Offizier und Mann der
brennende Wunsch, mit dem Herrn Bundesbruder von ehe¬
dem da unten mal zusammenzurechnen. Ver Wunsch ging in
Erfüllung und mit Ende Mär; kam das Regiment auf den
südlichen kriegsschauplah.
flber der Krieg im Sebirge war so ganz anders, als der
im galizischen oder polnischen Flachlande. fllles mußte um¬
lernen und nicht zuleht der Sanitätsdienst. San; neue fluf-
gaben standen vor uns, die umso größer erschienen, als
uns jene Kameraden, die schon länger gegen Italien im
Kampfe standen, berichteten, wie ungleich schwieriger hier der
Krieg sei, als in Rußland, vor dieser neuen Lage stand
beim Sanitätsdienste des Regimentes ein neuer Mann:
Regimentsarzt Vr. Josef Bochskanl. Ver ließ sich schon
einmal durch gar nichts aus seiner Ruhe bringen und war
einfach nicht zu verblüffen.
Vie Heeresleitung ließ uns zunächst reichlich Zeit, uns in
den Bergen um Irient in aller Ruhe an die Sebirgsverhältniffe
zu gewöhnen, wir haben dies mit aller Sewiffenhaftigkeit
getan. Es war uns von vonherein klar, daß die Bergung des
Verwundeten und sein Iragen zum Hilfsplah im felsigen und
pfadlosen Sebirgsgelände um viel mehr körperliche Kraft, Um¬
sicht und Kenntnisse in der ersten Hilfeleistung von den Blessier-
tenträgern erforderten, als in Rußland. Rach diesen Sesichts-
punkten schulten wir also unsere Sanitätsmannschaft.
wir stiegen hoch ins Sebirge hinauf, zwangen die Bles-
siertenträger, die Scheinverwundeten mit aller Schonung und
Sorgfalt auf den ungangbarsten Felsen fortzuschaffen und
schulten sie vor allem im flnlegen von Schienenverbänden
bei Beinbrüchen, wir übten das flufseilen von flbgestürzten
und das flbseilen von verwundeten. Eine Menge neuer Feld¬
geräte, die für den Sanitätsdienst im Sebirge besonders gut
sein sollten, war uns zugewiesen worden und wir plagten
damit unsere Leute. Ich nehme im vorhinein weg, daß diese
eigens erfundenen Seräte in der Praxis versagten, obwohl sie
sich bei den Übungen oft recht nett ausnahmen.
fluch für den Sebirgskrieg blieb die ehrwürdige Feldtrage
das beste Feldgerät des Bleffiertenträgers. wer aber meinte,
nach diesen Übungen bei Irient etwas vom Sebirgskriege
zu wissen, der irrte sich. Rur im wirklichen Krieg lernt man
das kriegführen.
flm 15. Mai 1015 stand die überraschte Welt vor etwas
ganz Reuem. Jm Hochgebirge war eine flngriffsschlacht großen
Stiles ins Rollen gekommen, welche Schwierigkeiten mili¬
tärischer Ratur zu überwinden waren, mag der Militärschrist-
stcller berichten, die Schwierigkeiten des Seländes waren aber
nur da, um überwunden zu werden, vie scheinbaren Unmög¬
lichkeiten, die das Selände dem Sanitätsdienste entgegen¬
stellte, wurden leichter bezwungen, als wir zu hoffen gewagt
hatten.
Vie Bergung der verwundeten im feindlichen Feuer, die
dadurch, daß wir als angreifende Partei vom Feinde in der
Regel überhöht waren, sich noch gefahrvoller gestaltete, gelang
durch die lapserkeit der Blessiertenträger fast genau so rasch
wie in Rußland. Vas Iragen der verwundeten auf den weg¬
losen, felsigen und rissigen Bergeshängen geschah mit Be¬
dacht und Sorgfalt, der Fuß des Blessiertenträgers wurde von
lag zu lag trittsicherer. Ungemein mühsam und beschwerlich
war der flbschub zur Vivisionssanitätskolonne swie die Vivi-
sionssanitätsanstalt nunmehr hieß), fluch der mußte in den
ersten flngriffsgefechten mit der Feldtrage geschehen, da das
ganze Gebiet vom Vurer bis zum venapaffe damals keinen
fahrbaren weg hatte und auch die Saumwege arge Verwahr¬
losung zeigten.
Selbstverständlich konnten die Hilfsplähe im ersten Telle
des Vormarsches nur im Freien sein, oft noch hart an der
Schneegrenze oder im Schnee, Häuser gab es ja nicht. Vie
Italiener haben sich um die Sesundheit der Vierzehner unge¬
wollt große Verdienste erworben, da sie uns auf der pro di
Bertoldi und bei der Vsteria Fiorentini eine Unmenge guter
pelze und Decken zurückgelassen hatten. Ohne diese Wärme¬
mittel wäre die Kälte beim Lagern am Hilfsplcch und beim
flbfchube von diesem für die entkräfteten und ausgebluteten
verwundeten eine ernste Sefahr gewesen, flllerdings hätte
es dürftige, vom Feinde verlassene veckungen gegeben, aber
wir konnten keinem Oberösterreicher zumuten, hier auch nur
vorübergehend guartier zu nehmen, da die Italiener in einer
jeder Beschreibung spottenden weise gehaust haben.
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