„Das erste Ziel dieser Allianz ist kein anderes als das —
Deutschland zu unterdrücken."
List suchte eine Verständigung mit England und mußte
erkennen, daß sie unmöglich war. Gebrochen kam er von Eng¬
land zurück und endete durch eigene Land. Zhn kostete sein
Martyrium das Leben — so schrieb in einem Nachruf David
Friedrich Strauß (Jahrbücher der Gegenwart, Tübingen 1847,
S. 689).
Auf dem Boden, den Friedrich List vorbereitet hatte, arbeitete
Konstantin Frantz*) (1817—1891) weiter. Mit regem Sinn
für Geschichtliches begabt, als Predigersohn von frühester Jugend
her von der Bedeutung der Religion durchdrungen, durch per¬
sönlichen Verkehr mit führenden Staatsmännern, auch des Aus¬
lands, in seinen Plänen gereist, entwickelte Frantz ein großzügiges
politisches System, aufgebaut auf der Idee des Föderalismus,
zugleich auf dem mitteleuropäischen Gedanken der Vereinigung
aller deutschen Mächte gegen Frankreich und Rußland mit dem
Streben nach einer maritimen Ergänzung durch England. Die
Verwirklichung mißlang, und Frantz, der eine Zeitlang im preu¬
ßischen Konsulatswesen tätig war, wurde einer der heftigsten
Gegner der Bismarckschen Politik. Er wurde nicht müde, seine
Gedanken immer wieder zusammenfassend darzustellen und weiter
auszubauen. So entstand eine Reihe umfangreicher Schriften.
Zn unseren Zusammenhang gehören insbesondere: Untersuchungen
über das europäische Gleichgewicht, 1859; Die Wiederherstellung
Deutschlands, 1865; Die Naturlehre des Staates, 1870. Stets
arbeitet er auf einem umfassenden geschichtlichen Anterbau. Die
Bestrebungen seiner Zeit werden in Zusammenhang gebracht mit
der alten Kaiseridee und dem Äeiligen Römischen Reich Deutscher
Nation. In Deutschland haben wir den Lauptvertreter der Kon¬
tinuität europäischer Entwicklung vor uns. Es ist von Natur das
europäische Mittelland. Durch seine Einigung zu einem Reich
entspricht es einem europäischen Bedürfnis.
„Denn es muß so ein Mittelland geben, in welchem das
Staatsleben in das Volksleben übergeht, als eine Klammer, welche
das ganze europäische System zusammenhält..."
*) Konstantin Frantz, geb. in Börneke bei Lalberstadt, gest. in Blase¬
witz bei Dresden; Politiker und Publizist.
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