Volltext: "Mitteleuropa" [92]

lichsten Vorhaben sei, so jemals zum allgemeinen Besten der 
Christenheit im Werk gewesen. Das Reich ist das Lauptglied, 
Teutschland ist das Mittel von Europa. Teutschland ist vor 
diesem allen seinen Nachbarn ein Schrecken gewesen, jetzo sind 
durch seine Aneinigkeit Frankreich und Spanien formidabel ge¬ 
worden, Lolland und Schweden gewachsen. Teutschland ist der 
Erisapfel, wie anfangs Griechenland, hernach Italien. Teutsch¬ 
land ist der Ball, den einander zugeworfen, die um die Mon¬ 
archie (Aniversalmonarchie I) gespielt, Teutschland ist der Kampf¬ 
platz, darauf man um die Meisterschaft von Europa gefochten. 
Kürzlich, Teutschland wird nicht aufhören, seines und fremden 
Blutvergießens Materie zu sein, bis es aufgewacht, sich gesammelt, 
sich vereinigt — und allen Freiern die Loffnung, es zu gewinnen, 
abgeschnitten." 
Dann wird sich „ganz Europa zur Ruhe begeben", es wird 
gegen die Barbaren und Angläubigen zu Felde ziehen, auch in 
fernen Weltteilen, ein jeder Staat nach seinem Berus. So er¬ 
forderte es Recht und Pflicht nach der Auffassung damaliger 
Zeit, die noch unter der Drohung der Türkengefahr stand. Dies 
ist der Leibnizsche Gedanke des ewigen Friedens eines europäischen 
Völkerbundes unter Deutschlands Führung. And diese Führung 
hat Deutschland nicht bloß als geographisches „Mittel von 
Europa", sondern kraft der eigentümlichen geistigen Eigenschaften 
der Deutschen, die ihm den Vorrang gewähren und damit seinen 
Beruf begründen. Auch die deutsche Sprache muß hierzu helfen. 
Wie richtig hat Leibniz die Bedeutung der Sprache für die Ver¬ 
breitung des Wesens eines Volkes in der Fremde erfaßt. Das 
Friedestiften wurzelt in seiner philosophischen Anschauung; im 
Anklang an seinen Vornamen Gottfried nennt er sich selbst ge¬ 
legentlich Pazidius. Der Gedanke des ewigen Friedens, den die 
Kirche als Gottesfriede erstrebt hatte, war kurz vorher von Baco 
im Dialoge „Oe bello 8acro« (1622) mit dem Kampfe gegen die 
Angläubigen in Verbindung gebracht worden; daraus hat wohl 
auch Leibniz eine Anregung geschöpft. So sehen wir denn, wie 
sich schon bei diesem Vorkämpfer Mitteleuropas mit der geo¬ 
graphischen Lage Deutschlands die Gedanken seines Weltberuss 
und des Völkerfriedens verknüpfen. And diese eigentümliche Ver¬ 
bindung hat sich in allen Wandlungen der Idee erhalten. Da¬ 
mals bangte Europa vor der Gefahr einer Weltherrschaft Frank- 
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