wir leben, besonders wir, die wir überbleiben und nicht sterben
dürfen für das Vaterland oder mit dem Vaterland, sind es, denen
sein Gedächtnis anvertraut ist. Wir sind berufen, ihm ein Denk¬
mal zu errichten, weit gewaltiger als das in den Tagen des
Friedens geplante auf dem Lügel am Nheinstrom, oder vor der
Geschichte den Fluch zu tragen des abgeschiedenen Geistes unseres
Reichsschöpfers.
Unter dem Ernst solcher Verantwortung, aber auch erhoben
von solchem Vertrauen, wollen wir ihm eine Stunde fruchtbarer
Erinnerung weihen, wollen, wie einst in seiner Not der alttestament
liche König, den alten Mann im weiten Mantel Heraufrufen, daß
er uns künde, was wir tun sollen. Nicht um eine politische Er¬
örterung soll es sich dabei handeln. Die alte, bittere Frage, ob
und wessen Schuld auf unserer Seite uns in diesen Kampf ge¬
führt hat, den die Feinde nicht wagten, solange er lebte, weisen
wir ab mit Bismarcks Wort, daß wir nicht Weltgericht zu
machen haben. Er selbst ist immer auf diesen Krieg, den Voll¬
endungskrieg der seinigen, gefaßt gewesen. Wir folgen in dank¬
barer Verehrung dem Beispiel einer wahrhaft großen Gesinnung,
die, wie von einer Ahnung berührt, wenige Wochen vor dem
Ausbruch des Krieges den Namen Bismarcks dem jüngsten jener
deutschen Ozeanriesen gab, deren Wachstum den tödlichen Neid
unserer Feinde weckte, und halten allen Streit der Parteien und
Generationen von unserem heiligen Krieg fern. Wir fragen auch
nicht: wie würde Bismarck heute handeln, welchen Frieden würde
er diesem Kriege als Ziel setzen? Darüber zu sinnen, mag unserem
Geist ein fesselndes Spiel, wohl auch eine klärende Übung be¬
deuten; aber die Lösung würde so wenig förderlich als sicher sein.
Wir selbst müssen kämpfen und Frieden schließen; er ruht von
seiner Arbeit. Wir bitten nicht um sein Orakel, sondern um
seine Kraft, und schwören nicht auf seine Worte, sondern auf
seinen Geist.
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