Volltext: Bismarcks Glaube [40]

wir leben, besonders wir, die wir überbleiben und nicht sterben 
dürfen für das Vaterland oder mit dem Vaterland, sind es, denen 
sein Gedächtnis anvertraut ist. Wir sind berufen, ihm ein Denk¬ 
mal zu errichten, weit gewaltiger als das in den Tagen des 
Friedens geplante auf dem Lügel am Nheinstrom, oder vor der 
Geschichte den Fluch zu tragen des abgeschiedenen Geistes unseres 
Reichsschöpfers. 
Unter dem Ernst solcher Verantwortung, aber auch erhoben 
von solchem Vertrauen, wollen wir ihm eine Stunde fruchtbarer 
Erinnerung weihen, wollen, wie einst in seiner Not der alttestament 
liche König, den alten Mann im weiten Mantel Heraufrufen, daß 
er uns künde, was wir tun sollen. Nicht um eine politische Er¬ 
örterung soll es sich dabei handeln. Die alte, bittere Frage, ob 
und wessen Schuld auf unserer Seite uns in diesen Kampf ge¬ 
führt hat, den die Feinde nicht wagten, solange er lebte, weisen 
wir ab mit Bismarcks Wort, daß wir nicht Weltgericht zu 
machen haben. Er selbst ist immer auf diesen Krieg, den Voll¬ 
endungskrieg der seinigen, gefaßt gewesen. Wir folgen in dank¬ 
barer Verehrung dem Beispiel einer wahrhaft großen Gesinnung, 
die, wie von einer Ahnung berührt, wenige Wochen vor dem 
Ausbruch des Krieges den Namen Bismarcks dem jüngsten jener 
deutschen Ozeanriesen gab, deren Wachstum den tödlichen Neid 
unserer Feinde weckte, und halten allen Streit der Parteien und 
Generationen von unserem heiligen Krieg fern. Wir fragen auch 
nicht: wie würde Bismarck heute handeln, welchen Frieden würde 
er diesem Kriege als Ziel setzen? Darüber zu sinnen, mag unserem 
Geist ein fesselndes Spiel, wohl auch eine klärende Übung be¬ 
deuten; aber die Lösung würde so wenig förderlich als sicher sein. 
Wir selbst müssen kämpfen und Frieden schließen; er ruht von 
seiner Arbeit. Wir bitten nicht um sein Orakel, sondern um 
seine Kraft, und schwören nicht auf seine Worte, sondern auf 
seinen Geist. 
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