Volltext: Mappe II: Durch Galizien (Mappe 2 ; / 1916)

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der Zeit der Kreuzzüge her. Führte er doch nicht nur den Lebensbedarf der 
Truppen mit sich, sondern meist auch Weib, Kind und Hausrat der Krieger. 
Seine Wagenburg hatte häufig, besonders vor der Blüte des Landsknechtwesens, 
in den Hussitenkämpfen, wie auch in den eidgenössischen Händeln der Schweizer 
Kantone eine gewichtige Rolle gespielt. Von ihr aus begleitete Zuruf und Ansporn 
die Stürmenden in die Männer schiacht. Hier wurden die Siegesfeste gefeiert. 
Hier hielten die Weiber, wenn ein schwarzer Tag die Ihren zurückwarf, den Flie/ 
henden von dem Wagenwall herab die Kinder entgegen und beschworen sie, 
standzuhalten. Hier fielen sie auch, wenn es sein mußte, neben ihren Männern, 
die Waffen in der Hand. 
Später freilich verlor der Troß diesen gewissermaßen ins Feld mitgeführten 
Heimatscharakter. Viel seltsames Volk drängte sich ein: Zigeuner, Spielleute, 
Vagabunden und Dirnen. Menschen gab es, die dort geboren wurden, lebten und 
starben, eiserne Gesellen, die dem Sohne der Hagar glichen, „seine Hand wider 
jedermanns Hand und jedermanns Hand wider ihn." Im dreißigjährigen Krieg 
und später trat das Abenteuerliche des Troßwesens stets schärfer hervor; der 
„Simplicius Simplicissimus", Grimmelshausens großer kulturhistorischer Roman, 
hat manches Grelle und Böse daraus überliefert. Erst die Napoleonischen Kriege 
haben, wie in so vielen anderen militärischen Begriffen, auch hierin eine gründe 
liehe Wandlung geschaffen. Aus dem Troß wurde der geregelte und organisierte 
Train, der Speicher des Heeres, dessen Nahrung und Munition er mitführte. 
Noch staken freilich Mängel in dieser Einrichtung; die Fragen des Ersatzes 
und Nachschubes führten, wie der russische Feldzug von 1812 bewies, gelegene 
lieh zu schweren Katastrophen, doch die Ausgestaltung der technischen Mittel 
förderte im Laufe des 19. Jahrhunderts ungemein die Entwicklung dieser Truppen¬ 
gattung, Der rasche Ausbau des Bahnen/ und Straßennetzes durch die tech/ 
nischen Truppen, die Systemisierung der Verpflegung und ihrer Verteilung, all 
diese Fortschritte, die in letzter Linie ihren sichtbaren populären Ausdruck in 
der Gulaschkanone und der Fleischkonserve fanden, haben dem Train eine der 
wichtigsten Aufgaben im modernen Krieg zugewiesen. 
Die Probe auf das Exempel freilich macht ein Train, der sich plötzlich zum 
Verzicht auf jede Art moderner Beförderungsmittel gezwungen sieht und ohne 
solche behelfen muß. So geschah es unserem braven Train, als während der 
Karpathenkämpfe die zu unsern jenseits des San kämpfenden Truppen führende 
Bahnstrecke schon über hundert Kilometer vorher von dem im Rückzuge befind/ 
liehen Feind so gründlich zerstört worden war, daß an eine Wiederherstellung, 
obendrein in der steilen Beskidengegend, nicht gedacht werden konnte. Elende, 
ausgefahrene Straßen zogen sich von Mezö/Laborcz, der letzten Bahnstation, in 
steilen Serpentinen über den sogenannten Elefantberg zur galizischen Grenze 
und nach Passieren zahlreicher Bergsättel und Pässe längs des von den Russen ge/ 
sprengten Bahnkörpers, der Brückenruinen und der verschütteten Tunnels durch 
das Tal der Oslavica gegen Sanok. Und diese Marterwege, auf denen oft genug 
Menschen und Tiere erschöpft zusammenbrachen, wurden von unseren Train/
	        
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