17, 18 Q sich die Bequemlichkeit solcher Raumenge vom Neuen. Nur der Korpskommandant
mußte da sein Schlafzimmer, ein Loch in der Wohnung des polnischen Lehrers,
aufsuchen. Die übrigen Herren aber hatten es besser. Wieder ein einfaches
Tischrücken und die Betten waren auch schon zur Stelle. Freilich nur turnus/
weise zu benutzen, denn für alle boten die Tische nicht Raum. Wer also
gestern auf ihnen geschlafen, mußte sich heute mit dem Fußboden als Lager'
statte begnügen. O, der Luxus von Debno war wirklich imposant.
Die Romantik prunkvoller Schloßquartiere und standartenumwehter Feld
herrnhügel ist unechtes Rauschgold längst unwahr gewordener Kriegstheatralik,
der Sieger von Limanowa kam aus nüchterner Stube im glanze
losen Feldgrau, doch war die ärmliche Stube
voll des Geistes der Schlachten.
19 Q NERVEN DER SCHLACHT.
Sin seltsamer Anblick bot sich zur Zeit, da das XIV. Korps in und um
Debno lag, in einem Nebenraume des Schulgebäudes. Dort waren die Schul
bänke aus dem zum Generalstabsbureau umgezauberten Lehrzimmer zusammen/
getragen, aneinandergeschoben. Da saß nun eine Anzahl Feldgrauer, Blutjunge
und solche mit würdigen Bärten, auf den Kinderbänken; die Pulte trugen Telephon'
apparate verschiedenster Typen, vom vornehmen Tischtelephon bis herab zur
kleinen unscheinbaren Sumserin, der feldmäßigen Telephondose. Ohrmuscheln,
über die Köpfe geschnallt, Drähte zwischen Apparaten und Menschenköpfen,
Drähte nach oben, in die Quere, zur Tür und zum Fenster hinaus. Dabei ein
ewiges Läuten und Summen und singende Zeichen und Sprechen, Meldungs
aufnahmen, Befehlsübermittlungen, ein kurzes „Schluß“ und alsogleich wieder
„Hallo“. Das ging in präziser Ruhe ohne Unterlaß, ohne Erregung. Und doch
wurden die erregendsten Dinge durchs Telephon gesagt, so nervenaufpeitschend,
wie sie keine städtische Telephonzentrale jemals vernommen. Jeder Mann hatte
seinen Notizblock vor sich, schrieb die empfangene Meldung darauf, gab sie an
den überprüfenden Generalstabsoffizier weiter, der mit seinen Gehilfen ohne
Verzug etwa veränderte Gefechtssituationen in die Spezialkarten einzeichnete.
So war diese Telephonkammer, in der von den unterstellten Divisionen und
Brigaden direkte Drähte zusammenliefen, Auge und Ohr zugleich für das Korps'
kommando. Hier war ja das Nervenzentrum, das Gehirn alles Geschehens beim
Korps, bis in die vordersten Tastorgane der Patrouillen ins Vorfeld der Schützen'
linien wirksam. Und so glich jeder Telephondraht dieses Zimmerchens in der
Tat einem Nervenstrang im kämpfenden Heerkörper, sensitiv und motorisch
zugleich, so war die primitive Zentrale in Wahrheit ein wirkendes Element
der Gefechtsleitung für die sich in Kilometern dehnende Front, für die Inmarsch/
Setzung von Reserven, für Verschiebung von Kraftgruppen aller Waffen im
Korps. Das moderne Verteidigungsfeld, das sich der Starre eines stark ausge'
bauten Befestigungsgürtels überlegen gezeigt hat, ist ja nicht mit Unrecht