Volltext: Mappe II: Durch Galizien (Mappe 2 ; / 1916)

Dürftigkeit des Alltags in Debno, den schimmernden Erfolg der denkwürdigen 
Soldatenarbeit seines Korps teilte mit ihm dort in diesem Bauernnest sein 
getreuer Eckehart als Generalstabschef des Korps: Oberst Paul Göttlicher. Im 
ganzen Dorfe hatte sich nicht ein halbwegs ordentliches Gebäude gefunden. So 
war die Wahl des Quartierregulierenden schwer genug und doch auch wieder 
leicht. Es kam ja nur das Schulhaus in Betracht. Das einzige Lehrzimmer der 
einklassigen Schule, in dem Bauemkinder, die Buben rechts, die Mädchen links, 
in den Tagen des Friedens sich durchfroren versammelten nach bitterkalter Schub 
Wanderung über verschneite, verwehte Straßen, in dem sie dann das bischen 
Wissensrüstzeug für die Lebensnotdurft bäurischer Galizianer sich buchstabierend 
und rechnend erwarben, dieser Schulraum mit seiner Kahlheit und Blöße machte 
also über Nacht Karriere, wurde zum scharf gehüteten Allerheiligsten hoher 
Kriegswissenschaft, seine schmucklosen Mauern sahen es stumm und staunend, 
als hohe Offiziere ihr Gehege betraten und dort ein hohes Spiel auf Plänen, 
Karten zu spielen begannen. Daß des Spieles Einsatz österreichische ungarisches 
Edelblut war, daß des Spieles Preis das Vaterland selber gewesen — wenn 
auch in jenem Zimmerchen nur ein Teil, ja bloß ein Teilchen des großen, 
feurigen, rollenden, grollenden Kriegsspiels der Geschütze und Menschenwellen 
ausgespielt wurde —, das freilich ahnte nicht das tote Gemäuer und ebenso' 
wenig wohl dieser oder jener polnische Bauer, der irgendwie als Kutscher eines 
„Landesüblichen" oder in sonstiger Würde durch die Posten an Tor und Tür 
durchgekommen und nun mit stumm/verdutztem Gesicht diese Werkstatt der 
hohen Herren besah. Ein Blick auf unsere Bilder 17 und 18 zeigt das wundere 
liehe Treiben dort im Schulhaus zu Debno. Ein von der Zimmermannskunst 
eines Pioniers roh improvisierter Kartentisch, aus zwei Böcken und darüber 
gelegten zweizölligen Pfosten bestehend, bildet den ,,Feldherrnwinkel". Dort 
studiert die Exzellenz selbst die Gefechtssituation des Korps auf Grund der 
Meldungen des rapportierenden Generalstabschefs. Am anderen Tischende zeichnen 
Generalstabsoffiziere die neuen Befehle des Korpsführers für die Tagesdisposition 
und Abfertigung auf. Noch ein paar wackelige Tischchen ergänzen das Mobiliar 
des Raumes. War dort das operative Bureau auf den Pfosten aufgeschlagen, 
walteten hier die anderen Referenten ihres Amtes, der Intendanzchef des 
so 
Korps, der Sanitätschef, der Justizreferent mit ihren Gehilfen. Alle zusammen^ 
gepfercht im kleinen Geviert und dennoch mit ihren Agenden den kilometer*- 
weiten Befehlsraum des Korps umspannend! Eher ließ sich das Mauerloch 
noch als Offiziersmesse an. Da wurden einfach die Kanzleien abgeschlagen 
durch Zusammenrücken der Aktentische, Ordonnanzen deckten im Fluge Tisch' 
tücher über das operative Bureau, das Tafelservice wurde vom ganzen Luxus 
Debnos bestritten. Die mit grellen Bauernblumen bemalten Schalen, ihrer zwei, 
blieben natürlich für den Exzellenzherm und den Generalstabschef reserviert als 
Weinpokale. Und dann hub ein frohes Gabeln und Löffeln, Lachen und ernstes 
Erzählen an, bis das Tischlein^deck^dich im Nu wieder verschwand. Ein Griff, 
ein Ruck und die Kanzlei war wieder zur Stelle. Kam Schlafenszeit, so bewährte 
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