Volltext: Mappe I: In den Karpathen (Mappe 1 ; / 1916)

6'10 B in den Karpathen — wo war in diesen Frühjahrstagen des Jahres 1915 der Zauber 
deiner ruhevollen Einsamkeit? Der Tod herrschte über allen Gipfeln und die 
Wasser, die zu Tale liefen, waren rötlich getrübt. Nie mehr, solange 
Menschen leben, wird von den Silben „Karpathen“ der heroische 
Klang weichen, den das Jahr 1915 in sie gemischt. 
n B HELDENHEIMFAHRT. 
Das waren blutigrote Ostern im Jahre der Karpathennot. Erbitterte Kämpfe 
hat damals das VII. Korps durchgefochten, treu ausharrend auf Bergrücken, in 
Waldschluchten, wohin eben das Kriegsschicksal jeden seiner Teilverbände gex 
stellt. Am heißesten tollte das Sturmrennen der fünffach in die Tiefe gegliederten 
Russen gegen den Karrenweg, der von der Szalnoker Kapelle westwärts führt. 
Ein lieblicher Weg, hoch genug gelegen, um die Berge zu beiden Seiten bloß 
als Hügel erscheinen zu lassen. Beim Kreuzweg aber, dort wo der Saumpfad 
mündet, der von larfalu heraufkommt, schlug stundenlang schweres Granaten/ 
kaliber ein, aus mächtigen Erdtrichtern Fontainen erdbrauner Lohe und geborstener 
Eisenfetzen ringsum speiend. Die Russen wollten offenbar von firfalu vorge/ 
henden Reserven den Weg sperren, jede Verstärkung der schütteren und überdies 
im tagelangen Abschlagen der frontalen Sturmangriffe ermüdeten Besatzungen 
unserer Grabenlinien unmöglich zu machen. Hier glaubten sie unsere verwundbarste 
Stelle gefunden zu haben, hier endlich mußte der Durchbruch gelingen, von hier 
aus sollte unsere ganze Stellung nach beiden Seiten aufgerollt werden. Drüben 
zogen sie Regiment um Regiment auf solch kleinen Raum zusammen. Nun 
galt es den Hauptstoß. Über die Unsern mußten dem Russengeneral die Zorns 
adern aufgequollen sein, sie sollten es büßen, daß sie in den Tagen vorher echt 
russische Leute zu Hunderten über den Haufen geschossen hatten. Was Wunder? 
Wir hatten dort die Prachtkerle aus Debreczen, Neununddreißiger/Infanterie, 
„HötzendorfsLeute“. Was hatten die nicht alles schon in jener Karwoche ge/ 
litten! Nun hatte ihnen der Ostersonntag ärgste Not gebracht. Aber ihr Oberst 
war immer zur rechten Zeit da. Silvio Spieß von Braccioforte, die ganze Armee 
kannte ihn ja. Er stand mit seiner Reserve rechts hinten auf der Kuppe 441. 
Von dort brach er jedesmal wie ein Ungewitter vor, schmiß die in die Schützen/' 
graben eingedrungenen Russen mit den Bajonetten seiner Leute wieder zurück, 
einmal, zweimal, dreimal. Es gab nichts zu essen damals, man hatte nicht einmal 
Zeit zum Hungern. Endlich dunkelte es. Die Nacht verlief leidlich. Man war 
nicht verwöhnt, gab sich mit immerhin heftigem Gewehrfeuer gerne zufrieden. 
Ostersonntag brach an. Der war dreimal verflucht. Nicht, als ob dem Feind das 
Schreckliche gelungen wäre. Einmal war er zwar wieder durchgebrochen, schickte 
schon helle Haufen in die Bresche vor. Aber — Hurra! Oberst Spieß wuchtete 
schon wieder mit seiner Reserve zum Gegenangriff vor. Die Kolben flogen 
durch die Luft, schmetterten auf Russenschädel. Die Bajonette taten ganze Arbeit. 
Die nachrückenden Russen sahen es, stutzten entsetzt, rannten zurück in wilder 
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