Volltext: Mappe I: In den Karpathen (Mappe 1 ; / 1916)

Vorläufig aber schwebt er noch hoch in der Luft und der Aufklärungsoffizier 
in der Gondel kann ruhig seine Arbeit tun, von Drähten und Stricken um/ 
spönnen wie eine Spinne in ihrem Netz (Bild 3). Alle Sinne dieses Beobachters 
sind gleichsam verstärkt und verlängert. Sein Auge hat zehnfache, fünfzigfache 
Fernsicht durch das Teleskop, seine Stimme reicht dank des Telephons bis 
hinunter zum Verbindungsoffizier, der sie sofort wieder weiter gibt, zur Division 
und zum Korpskommando. Das an sein Ohr angepreßte Mikrophon empfängt 
Befehle und Fragen von unten und seinen von Frost oft erstarrten Fingern 
hilft der photographische Apparat, die Fernsicht mit allen ihren Details festzu^ 
halten. Ruhig kann er oben alle Feststellungen machen, bedächtig die Runen 
der Landschaft enträtseln und in den Stellungen des Feindes lesen wie in einem 
aufgeblätterten Buch. Während der Beobachter, der Feldpilot im Aeroplan wie 
ein Vogel im Flug bloß hie und da ein Stückchen der Landschaft erhaschen, 
eine Beobachtung aufpflücken kann, vermag der Offizier im Fesselballon dank 
der ruhigen Schwebe seines gigantischen Trägers in die Spezialkarte Linie um 
Linie die ganze verästelte feindliche Stellung einzuzeichnen. Seine Photographien, 
die er an der Führleine nach unten herabläßt, wo sie sofort entwickelt und 
vergrößert werden, klären manches Geheimnis auf. Stundenlang kann er so, 
wenn der Ballon in genügender Höhe ist, die ganze Entwicklung des Kampfes 
verfolgen und unberechenbar ist der Vorteil, der von dieser ins Luftige aufge.* 
bauten Beobachtungswarte gebracht werden kann. 
Aber dieses gewaltige Ungetüm, dieser Märchenvogel Greif der modernen 
militärischen Welt kann auch wandern. Nicht nur im Stellungskampf von festen 
Aufstiegplätzen blickt er über Hügel und Berge neugierig in die Stellung des 
Gegners hinein, auch dem fliehenden Feind vermag er zu folgen und alle seine 
Bewegungen zu belauschen. Als in den Maitagen 1915 die Russen für immer aus 
den Karpathen herausgetrieben wurden und, von unseren Truppen hart bedrängt, 
abzogen, als damals in wundervoll schneidigem Vordringen unsere Truppen 
nordwärts marschierten und dem geschlagenen Feind seine Artillerie, seinen 
Train und ein gut Teil seiner Mannschaft abnahmen, da wanderte auch über 
ihnen in den Lüften schwebend der Fesselballon mit. 25 bis 30 Mann bekommen 
um die Brust Gurten geschnallt, welche untereinander mit Stricken verbunden 
sind, die sich wieder, zehm und zwanzigfach verschlungen, in ein gewaltiges Tau 
knoten, das hinauf bis zum Fesselballon reicht (Bild 4). Marschieren nun die 
Soldaten vorwärts, so ziehen sie leicht, fast ohne es zu spüren, 1000 Meter 
über ihnen den schwebenden Ballon in die eigene Richtung mit und rüstig 
schreiten sie aus, unsere Soldaten, denn nun geht es schon durch blühende 
Wiesen, nun winkt Vergeltung am Feind für all die erlittene Unbill der ver^ 
gangenen Monate. Eine zweite kleine Truppe rückwärts hält gleichfalls Stricke 
fest, die zum Ballon hinaufreichen und unten in einer Schneckenrolle enden. 
Diese Rolle dient zum Schutz; würde der Ballon plötzlich von feindlicher 
Artillerie entdeckt und beschossen, so kann er sofort durch rasche Kurbelung 
in Sicherheit niedergebracht werden. Hinter der Mannschaft folgen noch Gaso/
	        
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